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Beratung im Übermorgen: Bericht vom Beratersymposium 2015 Universität Oldenburg | Hochschule Emden-Leer

Unternehmen: Conplore

6. Beratersymposium 2015

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Eröffnung

Freitag, 13.03.2015, 10:15, Campus Haarentor, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. André Karczmarzyk, Studiengangkoordinator des gemeinsamen Masterstudiengangs “Management Consulting” der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und der Hochschule Emden-Leer, eröffnet mit seinem Grußwort das 6. Beratersymposium, 2015er Auflage, unter der thematischen Überschrift “Beratung im Übermorgen – wohin geht die Reise?”.

“Disziplin ist auch, bis zum Ende da zu sein.” (André Karczmarzyk)

Karczmarzyk dankt den Studierenden des Masterstudiengangs, die das Event eigenständig auf die Beine stellten, sowie den angereisten Referenten, Gästen und Partnern für deren Teilnahme und schließt sein Grußwort augenzwinkernd mit dem Hinweis, dass Disziplin eine wichtige Eigenschaft für Berater sei, um den Anwesenden sodann die “Trendshow”, die als finaler Programmpunkt seit jeher das Ende des Symposiums beschließt, nahezulegen, in deren Rahmen die Studierenden, in ihrer Eigenschaft als Moderatorinnen und Moderatoren der verschiedenen Workshops und Podiumsdiskussionen, die jeweiligen Ergebnisse, Thesen, Erkenntnisse und Trends vorstellen.


Universität Oldenburg. Campus im Sonnenschein. Bild: Conplore

Keynote

Change-Euphorie und Business-Irrtümer

“Augenmaß statt Euphorie”

Im Anschluss richtet Keynote Hans Jürgen Heinecke, Geschäftsführer der TPO Consulting, das Wort an das Auditorium. Heinecke, dessen erster Arbeitgeber Daimler Benz war, stellt sich eingangs selbst als Change Management Berater vor, der seit 20 Jahren Entwicklungsprozesse in Unternehmen begleite und der „beide Seiten“ kenne, sei er doch erst Manager gewesen und jetzt Berater. Mit deutlicher Kritik an der eigenen Branche spricht er zum Thema “Change-Euphorie”, in dessen Kontext er einige klassische “Business-Irrtümer” seitens des Managements aufzuzeigen beginnt, welche immer wieder dazu führten, dass wichtige Veränderungsprozesse versandeten oder auf erbitterten Widerstand stießen. “Augenmaß statt Euphorie” sei allemal die bessere Lösung. Alle im Folgenden skizzierten Business-Irrtümer enthielten jedoch auch eine gewisse Berechtigung, einen wahren Gehalt, der ungeachtet des zugrundeliegenden Irrtums dennoch Bestand habe.

Als einen solchen Business-Irrtum benennt Hans Jürgen Heinecke die Annahme, Berater würden mit Problemlösungen handeln. Dies glaube er nicht, denn wenn ja, dann wäre Beraterarbeit viel besser messbar.

“Wir handeln mit Problemlösungshoffnungen.”

…formuliert Heinecke, diese seien nicht mit Kriterien der Wirtschaftlichkeit zu messen. Oft sollten Berater seitens ihrer Kunden Aufgaben übernehmen, die eigentlich der Chef dort selbst übernehmen, bzw. leisten können müsste. Berater neigten dazu, Themen selbst zu erfinden. Erst sei der Begriff da, dann erst das Problem. Mit Hilfe von “Blockbuster-Begriffen” zündelten Berater zum Teil als Brandstifter mit und würden dann antreten, um das Feuer zu löschen. Das allgegenwärtige Change Management führt Heinecke hier als Beispiel eines solchen “Blockbuster-Begriffs” an. Kern dieses Business-Irrtums sei also, dass Berater nicht unbedingt mit Problemlösungen handelten, sondern die Probleme oft erst erzeugten.

Die pauschale Aussage, dass sich Beratung im Übermorgen auf neue Beratungsthemen einstellen müsse, sei ein weiterer Irrtum, komme doch die Brisanz häufig nicht aus dem Problem, sondern aus dessen Kontext. “Alles ist Wandel, Veränderung wird der Normalzustand”, greife zu kurz. Change Management sei nicht der automatische, natürliche Anpassungsprozess. Es gelte vielmehr, das Prinzip der Selbstorganisation in Unternehmen zu stärken. Die Erkenntnis laute:

“Veränderung IST der Normalzustand.”

Die Annahme, dass die Kunden dauerhafte Veränderung wollten, sei der nächste Irrtum. Was wir in erster Linie brauchen, so Heinecke, sei Verlässlichkeit und Stabilität, aber auch die Anpassung an den Bedarf der Kunden. Der Kunde bestrafe auch, wenn Produkte zu früh am Markt seien.

“Wir Berater löschen oft Brände, kümmern uns aber nicht um die Brandursachen und machen das Unternehmen brandsicher.”

Dass das Change Management den Veränderungsprozess von Unternehmen unterstütze, sei ein weiterer Business-Irrtum. Die Situation sei allzu oft, dass der Wandel nicht konsequent umgesetzt werde. Es werde wenig Zeit für wirkliche Entwicklung zur Verfügung gestellt, oft würden die Mitarbeiter vom Management nicht abgeholt, was zu einer Mitarbeiter-Chef-Beziehung führe à la:

“Kaiser kommen und gehen, aber China bleibt. Und China bin ich.”

“Kunden möchten am liebsten einen Generalunternehmer haben, der alle Probleme angeht.”

Der Kampf um eine angemessene Zeitfigur sei fast verloren. Es stünden enorme Herausforderungen im Klientensystem an. Inhouse Consultants hätten oft keine Systemdistanz. Die Digitalisierung der Beratungskultur durch die sozialen Medien schreite voran. Was den Beratungssystemen am meisten zu schaffen machen werde, sei die gesellschaftliche Legitimität der eigenen Arbeit. Heineckes große Sorge sei es, dass es zu großen Auftragsbeschaffungskartellen in der Beratungsbranche kommen werde. Er stellt die Frage in den Raum:

“Sind wir nur Trendverstärker oder ein ethisches Kollektiv?”

“Sind wir nur dem Wandel um jeden Preis verpflichtet?”


Lesen Sie auch das Interview, das wir mit Hans Jürgen Heinecke im Rahmen des Symposiums geführt haben.

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“Zukunft der Beratung”

André Karczmarzyk leitet nun direkt über zur Podiumsdiskussion zum Thema “Zukunft der Beratung”.


Podiumsdiskussion ‘Zukunft der Beratung’ Bild: Conplore, Teilnehmer v.l.n.r.: Hans Jürgen Heinecke, Reinhard Pfriem, Thomas Triebsch, Kai Haake, Ingo Körner. Moderation: André Karczmarzyk

Prof. Dr. Reinhard Pfriem, Politik-, Philosophie- und Wirtschaftswissenschaftler, sowie Inhaber des Lehrstuhls für Unternehmensführung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, berät seit über zwanzig Jahren Unternehmen in Fragen der Strategie- und Organisationsentwicklung. Zudem ist er Initiator und Mitbegründer des Institutes für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Eingangs formuliert er:

“Berater stehen in der Verantwortung, die Welt besser zu machen.”

Aufgrund der Herausforderungen, die von außen kommen, seien Unternehmen zunehmend auf Beratung angewiesen, so Prof. Pfriem.

Dipl.-Kfm. Thomas Triebsch, Geschäftsführer des auf die Sozialwirtschaft spezialisierten Software- und Beratungshauses MICOS, einem Unternehmen der VRG-Gruppe, verweist auf die Teamfähigkeit als zentrales Gut. Die persönliche Beziehung zwischen Beratern und Unternehmen stehe im Mittelpunkt.

Kai Haake, Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU) in Bonn, dessen besondere Tätigkeitsschwerpunkte in den Bereichen Public Affairs, Recht und Berufspolitik zu verorten sind, darunter auch die Thinktank-Initiative des Verbandes, in der wirtschaftliche Entwicklungen und Trends von spezialisierten Beratungsunternehmen vorgedacht werden, sieht die digitale Entwicklung und Gewinnung von Nachwuchskräften als große Herausforderung. Insbesondere mittelgroße Beratungen hätten hier “irre Probleme”, auch im Hinblick auf Work-Life-Balance-Anforderungen.

Ingo Körner, CFO und gemeinsam mit dem CEO Unternehmensleiter der Broetje-Automation, einer mittelständischen internationalen Unternehmensgruppe mit heute 650 Mitarbeitern in sieben Ländern, dessen Schwerpunkte neben den kaufmännischen Funktionen das Prozess- und Qualitätsmanagement sowie die Organisationsentwicklung sind, sagt:

“Beratung ist die Zukunft.”

Broetje-Automation arbeite dauerhaft mit 30-40 Beratern im Jahr. Die spezifischen Ausgaben hierfür beliefen sich auf rund 3 Mio. Euro p.a., bei einem Firmenumsatz von 150 Mio. „Beratung“ sei hierbei recht weit definiert, so Ingo Körner. In zunehmender Digitalisierung sieht er die Chance der “Vereinfachung der Kollaborationsfähigkeit” sowie das Finden von Spezialwissen weltweit. Denn der Bedarf an Spezialwissen steige täglich.

Keynote Hans Jürgen Heinecke benennt das Problem des Preisverfalls durch Digitalisierung. Teilweise seien Aufträge schon vergeben, aber der Pitch werde trotzdem gestartet, um Ideen zu generieren. Der Berater lasse daraufhin “die Hose runter”, um den Auftrag zu bekommen, seine Tools aus dem Pitch erschienen dann trotzdem im Unternehmen. Er selbst übermittle Daten für Pitches nur noch mit schreibgeschütztem Wasserzeichen.

“Der Markt explodiert”

…so Kai Haake und schließt an, das “Berater-Bashing von außen” sei intern nicht ablesbar.

Im Mittelstand fehle der Beraternachwuchs, wirft Thomas Triebsch ein. Dabei sei Work-Life-Balance und Regionalität machbar, Prozessorientiertheit gefragt. “Wir brauchen junge Leute!”, bilanziert er.

Prof. Pfriem resümiert:

“Die Tragik des Change Managements ist die Unklarheit darüber, was denn wann wohin gewandelt werden soll.”

Und ergänzt…

“Beratung kann dann erfolgreich sein, wenn sie inhaltlich irritiert und den Kunden mit Neuem konfrontiert.”


6. Beratersymposium Oldenburg, Referenten im Gespräch. Bild: Conplore

Ingo Körner wirft hier ein:

“Der Berater ist nicht nur eine verlängerte Werkbank für meinen Kopf.”

Es gehe nicht nur um Powerpoints und Inhalte, sondern um Umsetzung. Dies könne auch gern in streitbarem Dialog erfolgen. Thomas Triebsch schließt an:

“Es ist ein Fehlglaube, den einen Berater finden zu wollen, der alles kann.”

Als Arbeitgeber brauche er Spezialisten.

Hans-Jürgen Heinecke mahnt:

“Wir machen den Fehler, über alles ‚Beratung‘ zu schreiben. Wir müssen uns fragen: Ist das, was ich verkaufe, ethisch vertretbar?”

McKinsey wundere sich heute, dass die besten fünf Absolventen nicht mehr automatisch zu ihnen kommen, sondern z.B. zur Weltbank gehen, da sie “keinen Bock mehr auf das etablierte System” hätten. Heineckes Resümee:

“Wir sind mitten im Systemwandel.”

Kai Haake ergänzt, die Absolventen gingen zu Bosch und Co, weil sie dann um 19 Uhr zu Haus sein können. Unter Zustimmung von Prof. Pfriem formuliert Hans-Jürgen Heinecke:

“Gesellschaftliche Sinnstiftung und ethische Vertretbarkeit ist wichtigstes Kriterium der Beratung.”

Kai Haake weist auf den mit 4% äußerst geringen Anteil von Beraterinnen auf Senior Level bei den großen Beratungsunternehmen hin, selbst auf Junior Level betrage der Anteil nur um die 30%. Im Mittelstand habe man als Beraterin dagegen gute Karrierechancen, so Haake.

Ingo Körner betont aus seiner Sicht als Kunde abschließend nochmals, dass nicht nur das Wissen, sondern vor allem auch das Können der Berater heute bei der Umsetzung im Mittelpunkt stehe.


Lesen Sie auch das Interview, das wir mit Ingö Körner im Rahmen des Symposiums geführt haben.

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Generation Y – Herausforderungen für die Beratungsbranche

Nach Einleitung und Vorstellung der Diskutanten seitens der gekonnt moderierenden MMC-Studentinnen Kim Parohl und Sarah Tönjes, die auch für die Organisation der Podiumsdiskussion verantwortlich zeichneten, eröffnet Karina Albers, als Beraterin und Mentorin auf Führung der Generation Y spezialisiert, mit dem Statement:

“Starre Strukturen der Unternehmen sind das Problem – nicht die Generation Y. Die will das, was wir eigentlich alle wollen.”

Generation Y möchte nicht anders geführt werden als Generation X, so Albers weiter. Der Unterschied liege darin, dass Generation X schlechte Führung erduldet habe, bei Gen Y heiße es heute stattdessen: “So nicht, ich gehe. – Schlechte Führung? Nicht mit mir.”


Generation Y – Herausforderungen für die Beratungsbranche, Bild: Conplore, v.l.n.r: Moderatorinnen Kim Parohl, Sarah Tönjes. Teilnehmer: Daniel Menke, Karina Albers, Stephan Brämer.

Stephan Brämer, im Vorstand der Arkwright Consulting AG für die Rekrutierung zuständig, stimmt zu und nennt es einen kontinuierlichen Prozess, in dessen Verlauf Berufseinsteiger immer selbstbewusster geworden seien, als Mensch und auch aufgrund des Arbeitsmarktes. Das sei ein Kulturwandel, der sich auf die Gen Y zuspitze.

Daniel Menke absolvierte 2014 ein duales Studium zum Bachelor of Engineering, Fachrichtung Wirtschaftsingenieurwesen, an der Privaten Fachhochschule für Wirtschaft und Technik in Diepholz und ist ausgebildeter Industriekaufmann. Als Vertreter der Generation Y in dieser Diskussionsrunde zugegen, fühlt sich Menke im Rahmen der Eingangsstatements seiner Diskussionspartner in ihrer Analyse verstanden, bemängelt aber, dass das im Tagesgeschäft leider noch oft untergehe. Während seiner Mitgliedschaft in der studentischen Unternehmensberatung “DeBeraders” setzte er sich erstmals vertieft mit dem Thema der Generation Y und entsprechenden Zukunftskonzepten auf dem Arbeitsmarkt auseinander. Die abschließende Bachelorarbeit über ein “integriertes Kommunikationskonzept” basierte dabei auf den zuvor gesammelten Erfahrungen. Heute ist Daniel Menke im Vertrieb als Kundenbetreuer und Projektingenieur tätig und absolviert ein weiterbildendes Masterstudium (MBA & Eng.).

Stephan Brämer fragt nach, was Daniel Menke denn konkret vermisse, woraufhin dieser antwortet, ihm fehle vor allem Feedback und Kommunikation seitens Führungsebene und älterer Mitarbeiter.

“Führung ist oft nicht präsent.”

…stimmt Karina Albers zu und erläutert, Feedback koste Führungskräfte viel Zeit, müsse dabei aber gar nicht unbedingt von der Führungsebene ausgehen. Während es früher, gerade in Familienunternehmen so gewesen sei, dass die Führungsebene sich Zeit für Feedback nahm, fehle gerade dieses heute oft.

Auf den Einwurf eines Zuhörers, er habe angenommen, “Gen Y” sei ein Methodenproblem und kein Führungsproblem – oft wisse der Chef gar nicht, was sein Mitarbeiter gerade mache, erwidert Karina Albers:

“Methodik ist auch Führung.”

Eine weitere Wortmeldung aus dem Auditorium bestätigt Frau Albers Eingangsstatement und bekräftigt, als Unternehmer müsse man sehr viel Einfühlungsvermögen haben. Arbeitnehmer, auch ältere, wünschten sich oft dasselbe wie die Generation Y.

“Die CV-Denke ändert sich.”

…so Stephan Brämer. Lücken im Lebenslauf seien früher Ausschlusskriterium gewesen. Das ändere sich heute. Auch müssten sich interne Strukturen und “Arbeitgeberarroganz” ändern. ‘Up or out’ könnten sich nur noch die wenigsten leisten. “Keep your head down and deliver!”-Mentalität funktioniere so nicht mehr.

“Loyal ist die Gen Y ihren Fähigkeiten gegenüber. Wenn die Arbeitgeber sie da abholen, bleiben die Leute auch im Unternehmen.”

…ergänzt Karina Albers. Man erwarte aber auch Loyalität und Sicherheit seitens des Arbeitgebers. Bewerber müsse man heutzutage nicht nach Qualifikationen aussuchen, sondern nach Fähigkeiten – das werde aber meist noch so gemacht, kritisiert Albers. Kriterien müssten neu bewertet werden. Selbstdisziplin, Selbstständigkeit und Zuverlässigkeit müssten vorhanden sein, den Rest könne man den Bewerbern beibringen.

Stephan Brämer verweist darauf, dass Selbstverwirklichung heute eine wichtige Dimension sei, sowie die Motivation, an etwas Gutem mitzuwirken. Als Beispiel nennt er u.a. die Energiewende. Früher sei dagegen ggf. eher das reine Interesse an einem bestimmten Thema, z.B. Automobil, ausschlaggebend für die Berufswahl gewesen.


Generation Y – Herausforderungen für die Beratungsbranche, Bild: Conplore, Karina Albers, Stephan Brämer

Was früher “typisch Berater” war, so Brämer, also Reisen und lange Arbeitszeiten, erlebe er heute zunehmend in Unternehmen und Konzernen. Feedback müsse man auch einfordern, wenn es nicht automatisch komme, ergänzt er in Anlehnung an Daniel Menke’s zuvorige Äußerung. Es gehe um einen “verantwortlichen Umgang miteinander”, zwischen den Hierarchieebenen und innerhalb der Ebenen.

Daniel Menke erwidert, es sei oftmals problematisch, Termine dafür im Tagesgeschäft zu finden.

Aus dem Auditorium wird hier eingeworfen, man müsse eine Beziehung haben, die zu Kontakt und Austausch führe, zu “quality time”. Die Arbeit von Führungskräften sei das Führen. Wenn dazu die Zeit fehle, dann sei etwas falsch organisiert. Heute müsse man oft einfach nur noch funktionieren.

Karina Albers formuliert die These:

“Die Generation X als Arbeitgeber kann Selbstständigkeit der Gen Y in der Chefbeziehung nicht erwarten, sondern muss sie dieser erst beibringen.”

“Moderne Erziehung führt meist nicht zu Selbstständigkeit.”

Führungskräfte, so Albers, müssen die fachlichen Tätigkeiten delegieren, um jene Zeit zu generieren, die sie für ihre Führungstätigkeit benötigen.
Daniel Menke gesteht ein, er müsse vom Chef “in Sachen Feedback abgeholt werden”. Das Tagesgeschäft gehe vor und da stecke er zurück.

Ein Zuhörer weist darauf hin, dass es immer noch ein Verständnisproblem gebe, sobald man als Mann Elternzeit in Anspruch nehmen wolle. Auch Home Office sei noch ein schwieriges Thema. Stephan Brämer sieht darin ein kulturelles Problem, das in “verknöcherten Strukturen” begründet sei.

“Employer Branding hin oder her. – Wenn Sie gut führen, dann spricht sich das rum.”

…so Karina Albers. Projektbezogene Arbeitgeberauswahl sei aus ihrer Sicht die Zukunft. Das Interesse an konkreten Projekten führe zum Arbeitgeber.

Stephan Brämer erläutert, er gebe gern Rahmenbedingungen vor, lasse dann zwei bis drei Tage laufen und schaue dann auf das Ergebnis. Dies fördere oft interessante, überraschende, gute Ideen zutage, manchmal aber auch die Erkenntnis, dass hier und da mehr Anleitung nötig ist. Führung sei auch eine Stilfrage. Eine Mischung von Stilen könne hier durchaus eine gute Sache sein.

Eine weitere Zuhörermeldung entspringt der äußerst angenehmen Diskussionsatmosphäre, die über die gesamte Dauer der Veranstaltung ganz nah am Publikum ist. Kern der Wortmeldung ist die Idee, “Juniorgruppen” für die “jungen Wilden” zu schaffen, die so eigenverantwortlich Projekte verfolgen könnten und “ihre PS auf die Straße” bringen, ggf. ein bisschen angeleitet von einem älteren, erfahrenen Kollegen. Es müssten ja nicht die strategisch wichtigen Projekte sein, aber dennoch bedeutungsvolle.

Karina Albers signalisiert Zustimmung und nennt es eine “schöne Idee”, diese Projekte zu schaffen, verweist jedoch auf das Problem, dass auch andere Gruppen, wie die Generation X, die älteren Mitarbeiter oder die Babyboomer dann ggf. solche Freiheiten haben wollten. Wichtig sei daher ein respektvolles Umfeld zwischen den Mitarbeitergenerationen und Wissenstransfer.

“Führungskulturen müssen sich weiterentwickeln.”

…resümiert Stephan Brämer. Das Streben nach Selbstverwirklichung der Generation Y sei ein wichtiger Aspekt – aber ebenso müsse sie Verantwortung übernehmen und Feedback aktiv einfordern.

“Die Beratungsbranche hat Angst, auszuprobieren.”

… urteilt Karina Albers. Bezüglich des Umgangs mit Nachwuchskräften herrsche in der Beratungsbranche große Unsicherheit und Angst. Dabei sei es besser auszuprobieren, als zu scheitern ohne ausprobiert zu haben.

Daniel Menke appelliert, Führungskräfte einschlägig bezüglich der Bedürfnisse der Generation Y zu schulen, damit diese sich auch wohlfühle.

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Der Ehrbare Kaufmann als Leitbild in der Beratung

Nach qualifizierten Eingangsstatement durch die MMC-Studierenden und Panel-Organisatorinnen Imke Eichelberg und Silke Meiser, eröffnet Prof. Dr. Reinhard Pfriem, Universität Oldenburg, mit dem Leitsatz: Berater stünden in der Pflicht, die Welt besser zu machen.


Der Ehrbare Kaufmann als Leitbild in der Beratung, Bild: Conplore, Moderatorinnen v.l.n.r.: MMC-Studentinnen Silke Meiser und Imke Eichelberg. Teilnehmer v.l.n.r.: Gunnar Barghorn, Prof. Reinhard Pfriem, Kai Haake.

Kai Haake, Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU) in Bonn, merkt an, Berater hätten die Pflicht, Mehrwerte für ihre Klienten zu schaffen. In Linie damit habe man auch die BDU-Berufsgrundsätze formuliert.

Gunnar Barghorn, Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Barghorn GmbH & Co. KG, ergänzt, Berater seien auch Unternehmer bzw. Unternehmen – mit sozialer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verantwortung.

Die Teilnehmer werden nach Beispielen gefragt, die ein gewisses Werteverhalten aufdecken und ggf. die aktuelle Situation im Beratungsgeschäft zu verdeutlichen vermögen. Die Aneinanderreihung von Beispielen löst eine rege Wertediskussion unter den Teilnehmern aus.

“Zum Beratungsgeschäft gehört eine Neugierde aufeinander.”

…so Gunnar Barghorn, der selbst mit Beratern zusammenarbeitet und betont, dass es im Zusammenspiel von Beratern und Kunden auf die Konformität von Persönlichkeiten und eine gewisse beidseitige Demut ankomme. Zu Letzterer gehöre auch dazu, dass man offen kommuniziere, was man zu leisten im Stande ist und was man nicht könne. Er präferiere Berater in der Rolle eines “geistigen Sparringpartners”.

Kai Haake sieht bei digitalen Einkaufprozessen von Beratungsleistungen ein Beispiel für ein hartes, preisgetriebenes Verhalten auf der Kundenseite. Weitere im Kontext stehende Themen seien Compliancefragen und Küngelein in Einkaufsprozessen in Großunternehmen – auch Leistungen von Metaconsultants wie Cardea werden hier hinterfragt.

Prof. Pfriem analysiert, viele würden davon ausgehen, Wirtschaften allein sei schon ehrbar – doch widerlegt dies zugleich am Beispiel von Wirtschaftsdelegationsreisen nach Saudi-Arabien.

“Was ist also ein ehrbarer Berater?”

…fragt Prof. Priem. Und was kann man tun, wenn ein Berater mit seinem Beratungswissen aus einem Projekt bei AUDI direkt bei Mercedes hausieren gehe? Was, wenn aus finanziellem Eigeninteresse Kunden gefördert würden, die unethisch und ggf. sogar rechtswidrig handelten?

Ein Teilnehmer verweist in Bezug auf die Frage hinsichtlich opportunistischen Verhaltens von Beratern trocken auf die Möglichkeit von Konkurrenzklauseln im Beratervertrag. Das eigentliche Problem sei aber ein anderes. Er vergleicht das Verhältnis zwischen Arzt und Patient zur Berater-Klient-Beziehung. Der Arzt stehe vor der Entscheidung, ob er eine ehrliche Antwort auf die Frage “Heilbar? Ja / Nein?” gebe, oder nicht. In Analogie müssten Berater entscheiden, ob sie Beratungsprodukte verkaufen, die nichts bewirken oder gar schaden.

Kai Haake bringt ein ein weiteres Diskussionsbeispiel ein: AOK Systems, den IT-Dienstleister der AOK. Hier sei das Thema Headhunting durch Personalberater ein Problem gewesen. Personalberater hätten unter erfundenen Vorwänden Schlüsselpersonal ans Telefon gebeten, um sie abzuwerben, so Haake. Dieses in der Personalberatungsbranche wohl nicht selten genutzte Verfahren habe zu einer Beschwerde geführt. Auch Kundenreferenzen auf den eigenen Webseiten eines Beraters halte er für unethisch, wenn Beratungskunden die Zusammenarbeit mit dem Berater ggf. gar nicht publik machen wollten.

Abschließend erfragen die Moderatorinnen, was denn die Referenten für “ehrbar” hielten. Prof. Pfriem erläutert, der Begriff “Ehrbarer Kaufmann” entspringe aus der Zeit frühkapitalistischer Euphorie.

Kai Haake betont die Bedeutung dessen, dass man ehrlich damit sein sollte, was man könne und was nicht.

Gunnar Barghorn betrachtet als Entscheidungsbasis, vor wie vielen Menschen er eine Entscheidung vertreten könne.

Prof. Pfriem erachtet es als besseren Ansatz, dass man selbst nach bestem Wissen und Gewissen die Entscheidung vor sich selbst vertreten können müsse. Die Minderheit habe unter Umständen die bessere moralische Haltung.


Lesen Sie auch das Interview, das wir mit Gunnar Barghorn im Rahmen des Symposiums geführt haben.

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Face to Face vs. Online-Beratung – Digitalisierung auch in der Beratungsbranche?

Organisiert und souverän moderiert durch die MMC Studierenden Marius Müller und Alexander Luft, beginnt die Veranstaltung zum Thema “Face to Face vs. Online-Beratung – Digitalisierung auch in der Beratungsbranche?” gleich eingangs mit dem Workshop-Part.


Face-to-Face versus Onlineberatung, Bild: Conplore, Moderatoren: stehend v.l.n.r.: Alexander Luft, Marius Müller. Teilnehmer: sitzend v.l.n.r.: Tammo Buss, Oliver Nickels, André Karczmarzyk, Jörg Jaenichen.

Referenten und Teilnehmer teilen sich in vier Gruppen, denen je ein Referent und eine Anzahl Teilnehmer angehören. Jede der vier Gruppen brainstormt sodann in aller Kürze intern zu einer spezifischen Fragestellung zum Thema Onlineberatung und sammelt Thesen. Im Anschluss stellen die vier Referenten dem versammelten Auditorium die Ergebnisse vor.

Was macht eine erfolgreiche Onlineberatung aus?

…lautet die erste Frage. Referent Oliver Nickels, Dozent für Marketing in sozialen Netzen an der Universität Tübingen und Berater für Marketing, speziell im Bereich der Online-Beratung, vormals Marketing Manager Digital der IBM Software Group Deutschland, trägt hierzu die Erkenntnisse seiner Gruppe vor. Man brauche ein nachhaltiges Geschäftsmodell, sowie die Akzeptanz des Kunden, so Nickels. Es müsse zum Kunden passen und sich in die vertraute Kommunikation integrieren. Gegebenenfalls benötige man zunächst auch erst effizientere Prozesse, um sinnvoll Onlineberatung anbieten zu können.

Welche Grenzen hat Onlineberatung?

…lautet Frage zwei. André Karczmarzyk, Koordinator des Masterstudiengangs “Management Consulting” an der Universität Oldenburg, Inhaber der Kubik-C Unternehmensberatung und Partner der ecco ecology and communication Unternehmensberatung GmbH aus Oldenburg, fasst die Erkenntnisse hierzu zusammen: Man müsse feststellen, dass Beratung von Angesicht zu Angesicht heute auch online medial möglich sei, sich aber die Frage stellen ob “facetime” hier ausreiche, so sehe man doch nur einen Ausschnitt des Gegenübers. Wichtige körpersprachliche Informationen blieben ggf. verborgen. Nach Meinung seiner Brainstorming-Gruppe seien einfache Analysen und abstrakte Beratung möglich, individuell vertrauensbasierte Beratung jedoch nicht. Diese erfordere persönlichen Kontakt, so die These.


Face-to-Face versus Onlineberatung, Bild: Conplore, Teilnehmer: André Kaczmarzyk

Mit welchen Gefahren und Nachteilen muss Onlineberatung rechnen?

…lautet Frage Nummer drei, zu welcher sich Jörg Jaenichen von der Ceyoniq Consulting GmbH äußert. Jaenichen ist als Berater für Informationssicherheit, Datenschutz und Notfallmanagement im privatwirtschaftlichen und teilöffentlichen Sektor tätig, mit Branchenerfahrung aus Energieversorgung, Finanzwirtschaft und Luftfahrt. Sein besonderer Fokus sind hierbei die prozessspezifischen Fragestellungen. Privat engagiert er sich in der christlichen Jugendarbeit und ist als Mentor und Seelsorger tätig.

Die Grenzen der Onlineberatung seien die Themen, die man damit anspreche, so zähle z.B. auch Telefonseelsorge technisch und faktisch zur Onlineberatung, erklärt Jaenichen. Anonymität sei hier Schutz. Vertrauenssicherheit, z.B. Datenschutz und Informationssicherheit stellten weitere Grenzbereiche dar. Onlineberatung laufe Gefahr, Fastfood-Beratung zu werden, nach dem Prinzip “schnelle Frage – schnelle Antwort”, und das ggf. noch unter Zeit- und Kostendruck. Der Vertrauensaufbau der persönlichen Vorstellung fehle. Die Seriosität könne daher in Frage stehen. Erfolgsdeterminierend sei am Ende der Methoden-Mix, die Kombination aus face-to-face und Onlineberatung, so hier die These.

In welchen Bereichen und Branchen macht Onlineberatung Sinn?

…lautet die letzte der vier einleitenden Fragen. Tammo Buss stellt die Ergebnisse vor. Als SAP-Inhouse Berater im Steinhoff-Konzern und Koordinator der europaweiten Vergabe von Beratungsaufträgen der IT im Steinhoff Konzern, steht der ausgebildete Wirtschaftsinformatiker den Fachabteilungen beim IT-Demand-Management zur Seite und übernimmt IT-Projekte von der Konzeption bis zum produktiven Einsatz. Dabei steht besonders die Auswahl der richtigen Berater und Leistungen im Fokus.

Buss stellt zunächst die “Phasenabhängigkeit” als zentralen Punkt heraus. In bestimmten Projektphasen oder Branchen sei Präsenz gefragt, gewünscht, sinnvoll. Zwischen den Phasen jedoch, wo klar abgegrenzte Dienstleistungen erbracht werden, sei persönliche Präsenz nicht erforderlich, so z.B. bei Kleinprojekten oder IT-Systembetreuung. Coaching, HR und Strategieberatung zählten dagegen zu den eher persönlichen Themen, wo Onlineberatung schwieriger sei, so die These seiner Workshopgruppe.

“Unsere Kommunikation ändert sich gerade eklatant.”

…heißt es seitens Oliver Nickels. Auch die Kunden redeten nicht mehr nur persönlich miteinander, sondern über eine Vielzahl von Medien. Berater müssten sich dem anpassen, so Nickels weiter. Onlineberatung sei ein Zukunftsthema, an dem man nicht dauerhaft vorbeikomme.

“Wann ist welches Medium angemessen?”

…fragt André Karczmarzyk in die Runde. Viele Abstimmungsprozesse seien gewiss online machbar, aber wann müsse man sich “in der Arena des Echten” bewegen? Im Angesicht der im Raum stehenden Thesen schlussfolgert er an dieser Stelle:

“Je komplexer ein Thema, desto mehr face-to-face.”

Jörg Jaenichen stellt hier nochmals die Themenabhängigkeit in den Blickpunkt und formuliert die brückenschlagende These, die bis hierhin schon mehrfach in verschiedenen Wortmeldungen mitschwang:

“Face-to-face und Onlineberatung konkurrieren gar nicht miteinander. Beim Einsatz dieser Medien dürfen wir den Zweck nicht aus den Augen verlieren.”

Oliver Nickels widerspricht hier teilweise: Social Media könne mehr Perspektiven einer größeren Gruppe einbeziehen und so Probleme auf andere Weise lösen, als auf der rein persönlichen Ebene, auch in komplexen Projekten. Er schlussfolgert:

“Ich muss den Kunden beibringen, ihr Informationsverhalten zu ändern.”

André Karczmarzyk beleuchtet die grundsätzliche Bereitschaft zu Onlineberatung und stellt die Frage nach der Abgrenzung in den Raum:

“Wo hört Kommunikation auf, wo beginnt Beratung?”

Die Unterschiede “wachsen sich aus”, so Karczmarzyk mit Hinblick auf die Generationen. Während die Älteren noch “online gehen”, SIND die Jungen heute rund um die Uhr online.

“Welten verschwimmen…”

…stimmt Jörg Jaenichen zu. Online und nicht-online würden immer mehr verschmelzen und weitergedacht bis hin zur “virtual reality”.

Nicht ohne ein gewisses Bedauern wirft ein Zuhörer ein, Ältere müssten notgedrungen ihr gewohntes Instrumentarium der Kommunikation ändern und mit den technischen Möglichkeiten andere Kompetenzen erwerben. Dem Onlinebereich fehle zum Teil, je nach Medium, die Möglichkeit, nonverbale Kommunikation, Rhetorik und Körpersprache einzubeziehen – bewährte Mittel fielen damit oft komplett weg.

Oliver Nickels kritisiert in diesem Zuge, dass man dazu neige, technische Mittel nur deshalb einzusetzen, weil sie DA seien, und nicht etwa, weil sie auch nötig seien.

“Wenn ein face-to-face Berater die nötigen Medienkompetenzen mitbringt, kann er auch Onlineberatung leisten.”

…ergänzt Tammo Buss. Unternehmenskultur müsse dazu aufnahmebereit sein. Altbewährte Mittel wie Ausstrahlung und ein fester Händedruck wirkten natürlich virtuell nicht, dennoch sei Onlineberatung nicht minderwertig, erfordere aber mehr bzw. andere Kompetenzen.


Face-to-Face versus Onlineberatung, Bild: Conplore, Teilnehmer v.l.n.r: Tammo Buss, Oliver Nickels

Face-to-face sei ein sehr abgegrenztes Beratungsmandat, analysiert Oliver Nickels. Onlineberatung erweitere den Handlungsspielraum, z.B. durch ein kompetentes, sorgfältig ausgesuchtes virtuelles Team.

“Onlineberatung ist kein anderer Stil. Es geht um den Methodenmix und Medienkompetenz.”

…resümiert Jörg Jaenichen nochmals.

Auf die Zuhörerfrage, ob man Onlineberatung automatisieren können werde, antwortet zunächst André Karczmarzyk, er könne sich standardisierte Systeme vorstellen. Es gehe zum Teil jetzt schon.

Tammo Buss bringt hier Business Intelligence Systeme als Beispiel, die Massen an Daten auswerfen, und anhand intelligenter Algorithmen Entscheidungen entwerfen. Die Frage sei letztlich jedoch, wie gut sich das als Entscheidungsgrundlage eigne.

“Die Frage ist letztlich nicht: ‘Gibt es die Technik?’, sondern: ‘Gibt es die Akzeptanz?’”

…so Oliver Nickels. Ärzte-Wissensdatenbanken, die weit über das Wissen von Individuen hinausgehen seien hier ein interessantes Beispiel. Bereiche, in denen insbesondere Zwischenmenschlichkeit und Vertrauen gefragt sind, seien durch Onlineberatung schwer abzudecken. Er resümiert:

“Die Welt ist nicht teilbar in online / offline – aber es wird immer mehr online.”

Jörg Jaenichen stimmt ein:

“Das wächst mit. Auch in der Beratungswelt wird online zunehmend in die Methodenkompetenz aufgenommen.”

André Karczmarzyks Fazit lautet in diesem Kontext:

“Onlineberatung ist eine Reduktion.”

“Bei den komplexen Themen sind andere Skills notwendig, die ich als Berater vertreten muss.

Oliver Nickels sieht in der Verbindung von face-to-face und Onlineberatung eine Chance, die Beratung zu verbessern, stärker auf den Kunden eingehen zu können:

“Es ist eine gute Chance.”

Tammo Buss resümiert abschließend:

“Klassisch face-to-face wird die Basis bleiben, aber Onlineberatung als Ergänzung bereichert stark das Potential.”

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Insolvenzberatung – Herausforderungen der Beratung des eigenverwaltenden Schuldners

Panel-Organisatorin und MMC Studierende Melina Lübbesmeyer begrüßt die Referenten mit einem kompetenten Eingangsstatement.

Dr. Christian Kaufmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht und Niederlassungsleiter der PLUTA Rechtsanwalts GmbH in Bremen und Oldenburg, gibt anschließend zunächst einen umfassenden Blick über die Gesetzesgrundlagen. So unterscheide man bei Insolvenzverfahren zwischen Regelinsolvenz mit Insolvenzverwalter und Eigenverwaltung mit Sachwalter. Er analysiert:

“90% aller Insolvenzen beruhen auf Managementfehlern.”


Insolvenzverwaltung – Herausforderungen der Beratung des eigenverwaltenden Schuldners, Bild: Conplore, Moderation, Organisation: MMC-Studentin Melina Lübbesmeyer (Bildmitte). Teilnehmer v.l.n.r.: Christian Hanken, Prof. Dr. Wolfgang Portisch, Dr. Sven-Erik Gless, Dr. Christian Kaufmann, Bodo Pucks, Klaus Schicke.

Kaufmann erläutert die verschiedenen Arten der Eigenverwaltung (§ 270, § 270a und § 270b Insolvenzordnung [InsO]) und ihre Bedeutung in der Praxis. Nur 3 % aller Insolvenzen würden bis dato als Eigenverwaltung durchgeführt, aber der Anteil an Eigenverwaltungen bei Großverfahren liege bei 44 %. Er erläutert, dass eine Eigenverwaltung 3-8 Monate, eine Regelinsolvenz oft mehrere Jahre in Anspruch nehme. Gläubiger kämen bei Eigenverwaltung also schneller an ihr Geld, so Kaufmann. Bei Eigenverwaltungen würden meist zusätzlich Berater zur Unterstützung der Geschäftsführung ins Boot geholt. Die Vorbereitung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung und der richtige Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung seien sehr wichtig.

Abzuwägen sei, ob das Unternehmen anstelle eines Insolvenzverfahrens außergerichtlich saniert werden kann. Häufig nutze man auch das sogenannte “Dual Track”-Verfahren, bei dem parallel zu einer Eigensanierung mit Fortführungsziel – ggf. unter Integration eines Insolvenzplans und eines M&A-Konzepts, ein M&A-Berater mit der Suche eines Käufers für das Unternehmen beauftragt werde. Es werde geprüft, was besser geeignet sei: der Kaufpreis des M&A-Käufers oder das Eigensanierungsergebnis.

“Eigenverwaltung… den Bock zum Gärtner machen?”

Dr. Kaufmann konkludiert: Eigenverwaltung sei Insolvenzverwaltung. Eigenverwaltung sei oft ein schwieriges Produkt. Wer wolle das Management noch belohnen? Der CRO, der einen Schuldner durch das Eigenverwaltungsverfahren begleite, könne laut Dr. Kaufmann ein Berater sein, der CInsO sollte ein Anwalt sein. Insolvenzverwalter und externe Interimsmanager seien oft die bessere Besetzung als ein Unternehmensberater und die alte Geschäftsführung des Unternehmens. Damit ist die Diskussion eröffnet…..

Dr. Sven-Erik Gless, Mitgru¨nder und gescha¨ftsfu¨hrender Gesellschafter der FMC Consultants GmbH, stimmt zwar zu, dass der CInsO ein Anwalt sein sollte, erwidert auf diese Spitze aber, sie seien ein Beratungsunternehmen, das es sich zum Ziel gesetzt habe, Insolvenzberater arbeitslos zu machen oder mit ihnen zusammenzuarbeiten. Ihr Plan A sei es immer, die Insolvenz zu vermeiden – durch eine außergerichtliche Sanierung. Plan B sei die Investorensuche. Plan C sei die Insolvenz. Man würde in der Krise immer mehrgleisig planen.

Dr. Gless berichtet, dass bei einem Unternehmen mit 350 € Mio. Jahresumsatz eine Insolvenz um die 1 Mio. Euro Kosten verursachen könne. Grundvergütung und Aufschläge im Rahmen der Verwaltervergütung werden angeschnitten.

Prof. Dr. Wolfgang Portisch, Professor für Bank- und Finanzmanagement an der Hochschule Emden/Leer, Dr. Kaufmann und Rechtsanwalt und Notar Christian Hanken, Fachanwalt für Insolvenzrecht und Arbeitsrecht sowie Insolvenz- und Zwangsverwalter, greifen den Aspekt auf und diskutieren die Kosten der verschiedenen Insolvenz- und Sanierungsverfahren mit der Erkenntnis, es gebe kaum Unterschiede zwischen geregelter Insolvenz, Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltung. Man müsse das notwendige Geld in der Kasse haben für all diese Verfahren.

“Die Leute kommen zu spät.”

…sagt Klaus Schicke, stellvertretender Direktor des Bereiches Recht und Sonderkredite der Landessparkasse zu Oldenburg, der mit Bodo Pucks, seit 2007 Syndikusanwalt bei der Oldenburgischen Landesbank AG, als Vertreter der Bankenseite in die Diskussion einsteigt.


Interaktion: Referenten und Teilnehmer. Bild: Conplore, 6. Beratersymposium 2015, Universität Oldenburg, Hochschule Emden-Leer

Schicke berichtet, der Zeitpunkt, zu dem die Unternehmen aktiv werden, sei meist zu spät gewählt. Risiken und Probleme würden Jahre lang ignoriert – insbesondere bei kleinen Unternehmen. In größeren Unternehmen sei das Risikomanagement oft besser. Externe Geschäftsführer arbeiteten professioneller und man habe regelmäßig Wirtschaftsprüfer im Haus. Die Landessparkasse habe schon früh eine “Gruppe Sanierung” installiert, die Bankkunden mit offensichtlichen oder absehbaren Problemen einlade, um den Versuch einer frühzeitigen Trendumkehr zu starten.

Bodo Pucks bestätigt das Zeitproblem. Problematisch bei Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren sei hinzu, dass der Versuch einer Sanierung im Vorfeld oft schon gescheitert sei.

Dr. Gless greift die Aussage Christian Kaufmanns auf, dass der Berater neutral sein solle und widerspricht – ein Berater sei nicht neutral, er arbeite für das Unternehmen, müsse aber vermitteln zwischen den Beteiligten. Pucks berichtet später von einem Fall, in dem der Sachwalter eine wichtige Rolle spielte, in dem er die Interessen der Gläubiger stärker in den Fokus rückte. Der Berater habe die Gläubigerinteressen damals zu sehr außer Acht gelassen und zu stark die Unternehmensperspektive berücksichtigt. Insolvenzberatungen bei Unternehmen mit über 150 Mitarbeitern gebe es laut Pucks ohnehin eher selten. Insolvenzberater würden quasi unter der guten deutschen Konjunktur “leiden”.

“Insolvenzverwalter wickeln immer noch lieber ab, als aufwendig zu sanieren.”

… kritisiert Klaus Schicke. Diese würden immer noch lieber den leichteren Weg des schnellen Geldes gehen, als sich einer anspruchs- und verantwortungsvollen, sowie aufwendigen Sanierung zu verschreiben. In diesem Kontext empfiehle er, besser einmal eine Zeitraum- als eine Zeitpunktbetrachtung zu wählen.

Dr. Kaufmann erwidert auf diesen Vorwurf gegen seinen Berufstand, dass nach seinem Dafürhalten heute sehr viele Insolvenzverwalter sehr fortführungs- und sanierungsorientiert seien; jedenfalls nahm er dies für seine Kanzlei in Anspruch. Oftmals würden nicht sanierungsfähige Unternehmen jedoch aufgrund des allgemeinen Sanierungsdrucks auch zu lange fortgeführt; hier müsse ein Insolvenzverwalter auch einmal den Mut haben, klar auszusprechen, dass das Unternehmen nicht sanierungsfähig sei. Das Insolvenzrecht habe neben seiner Sanierungsfunktion eben auch die Funktion der Marktbereinigung für nicht sanierungsfähige Unternehmen. Rechtsanwalt Hanken ergänzt, dass es auch für das Image und die Auftragslage eines Insolvenzverwalters besser sei, wenn Arbeitsplätze erhalten blieben.

Dr. Gless erläutert noch einmal, dass die neue Gesetzgebung Anreize schaffen solle, früher Insolvenz anzumelden – also darauf abziele, Insolvenzverschleppung zu vermeiden. Dies sei gut für die Gläubiger.

Christian Hanken äußert, er halte die Eigenverwaltung “für ein elegantes Verfahren mit guten Chancen”.


Lesen Sie auch das Interview, das wir mit Wolfgang Portisch im Rahmen des Symposiums geführt haben.

Lesen Sie auch das Interview, das wir mit Christian Kaufmann im Rahmen des Symposiums geführt haben.

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Trendshow

Die MMC-Studentinnen und Studenten resümieren zum Ende der Veranstaltung telegrammartig einige wichtige Erkenntnisse aus den von ihnen moderierten Workshops:


Trendshow: MMC-Studierende der Universität Oldenburg und Hochschule Emden-Leer, Bild: Conplore

Im Diversity Management Workshop mit Dr. Eva Voß (Ernst & Young) sei herausgearbeitet worden, wir alle seien tagtäglich vielen unbewussten Einflüssen ausgesetzt, was zu einem sogenannten “Unconscious Bias” führe. Die eindeutige Empfehlung laute: Berater sollten sich mit diesem Thema beschäftigen.

Im Projektmanagement-Workshop mit Prof. Dr. Doris Wessels, Professorin für Wirtschaftsinformatik mit Schwerpunkt Projektmanagement an der Fachhochschule Kiel, wurde der Wandel von einem hierarchisch-klassischem Projektmanagementansatz hin zu einem heute vernetztem PM-Ansatz diskutiert, sowie das sich damit in Linie verändernde Rollenbild des Projektmanagers hin zum “X-shaped project manager”.

Der Workshop Ehrbarer Kaufmann stellte als Kernerkenntnis heraus, dass es besonders wichtig sei, die eigenen Entscheidungen vor seinen wichtigsten Einflusspersonen (Stakeholdern) vertreten zu können. Die “Ehrbarkeit” hänge hierbei wesentlich vom Bezugssysthem und der Verpflichtung gegenübder den Stakeholdern ab.

Der Workshop rund ums Thema Junior Consulting postulierte, der Zenit eines Beraters müsse keineswegs mit 35 Jahren erreicht sein. Kontinuierliche Weiterbildung, gerade im etwas “gesettleten” Alter, könne für anhaltende Erfolge sorgen.

Die Podiumsdiskussion Generation Y habe festgehalten, in vielen Fällen müsse die Unternehmenskultur geändert werden, um den Erwartungen und der Prägung der Generation Y gerecht zu werden. Die “Gen Y” erwarte, dass sie früh in Projekte eingebunden werde, wünsche sich aber auch Feedback der Führungsebene ohne dieses im Alltagsgeschäft erst aktiv einfordern zu müssen, sowie den Austausch mit erfahrenen Mentoren und brauche vor allem Sinnstiftung um zu Unternehmensbindung zu gelangen.

Der Workshop mit Podiumsdiskussion “Face to Face versus Onlineberatung” korrigierte seine Betitelung im Verlauf der konstruktiven Diskussion selbst insofern, dass es in Zukunft besser “in Kombination mit” als “versus” heißen sollte. Beide Beratungsansätze schlossen sich bei richtigem Einsatz nicht aus, sondern bereicherten sich potentiell gegenseitig.

Im Workshop “Microlearning” hielt man fest, dass dieses generationsbedingt und international-kulturell unterschiedlich gut angenommen werde. In den USA laufe es besser als in Deutschland. Man habe die Frage beantwortet, was Lernen überhaupt sei. Jeder von uns übe sich bereits tagtäglich im Microlearning, z.B. in Alltagsablaufverbesserungen. Die Methode erfreue sich insbesondere beim Onboarding neuer Mitarbeiter zunehmender Beliebtheit.

“It depends…” fasste auch den Workshop “Spezialisten und Generalisten” am Beispiel der Change Managementberatung zusammen. In der Konzeptphase könnten Generalisten ihre Stärken voll ausspielen, in der Umsetzung die Spezialisten.

Der Workshop Insolvenzberatung habe insbesondere Probleme bei der Eigenverwaltung beleuchtet. Da über 99% der Insolvenzverfahren aus Managementfehlern resultierten, werde hier teilweise “der Bock zum Gärtner” gemacht. Schutzschirmverfahren lägen im Trend.

Abschließend stellte der Workshop Gründungsberatung heraus, dass die drei Standbeine Coaching, Training und Beratung durch das Mentoring ergänzt werden sollten. – Letzteres habe ein hohes Potential. In Sachen Qualifikation von Gründungsberatern empfehle man, dass sie im Vorfeld einer Beratertätigkeit selbst eine Gründung erfolgreich durchführten.

 

Die MMC-Studenten

…der Universität Oldenburg und Hochschule Emden-Leer erhalten vom Auditorium wohlverdienten Applaus für Ihr Engagement in Sachen Organisation, Durchführung und Moderation des Events. Das 6. Oldenburger Beratersymposium geht damit erfolgreich zuende.


Networking. Bild: Conplore, 5. Beratersymposium 2015, Universität Oldenburg, Hochschule Emden-Leer

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Undokumentierte Veranstaltungen

Aufgrund der Parallelität der Veranstaltungen war es dem Conplore Team nicht möglich, die folgend aufgeführten Workshops und Podiumsdiskussionen zu besuchen:

  • Diversity Management – Unconscious Bias
    Referentin: Dr. Eva Voß, Ernst & Young GmbH.
    Organisatoren: Die MMC Studierenden David Scholz, Melina Lübbesmeyer, Viktoria Steinbach, Ina Isenburg, Anni Grigorian.
  • Der erfolgreiche Parcours zum Projektmanager der Zukunft – Hürden überwinden
    Referenten: Prof. Dr. Doris Wessels, Fachhochschule Kiel; Maike Huisinga, Absolventin Masterstudiengang Betriebswirtschaftslehre FH Kiel.
    Organisatoren: Die MMC Studierenden Lea Kappen, André Sprewitz, Charlotte Kupsch.
  • Junior Consultant – Karriere Start und Zenit
    Referenten: Daniel Kregel, MLP Finanzdienstleistungen AG, Finanz- und Karrierecoach; Thorsten Trippler, TU Unternehmensberatung, Geschäftsführender Gesellschafter; Hans-Werner Tolksdorf, The IT Company GmbH, Geschäftsführer; Mathias Hintz, TauRes Gesellschaft für Investmentbertung mbH, Teamleiter.
    Organisatoren: Die MMC Studierenden Nele Mletschkowsky, Ann-Katrin Bollmann, Christian Gisbertz, Alexandra Wurm.
  • Microlearning – Anwendung in der Beraterbranche
    Referent: Alexander Klein, iGrow.Academy UG.
    Organisatoren: Die MMC Studenten David Knauer, Jasper Bläsing, Dominik Mehr.
  • Gründungsberatung – Selbstverständnis, Professionalisierung, Trends
    Referenten: Prof. Dr. Stephanie Birkner, Universität Oldenburg; Miriam Wiediger, Gründungs- und Innovationszentrum Oldenburg; Wolf-Christian Gantert, LowoTec GmbH; Axel Ritz, LowoTec GmbH, Claas Nieraad, New Commercial Room Beteiligungsgesellschaft mbH.
    Organisatoren: Die MMC Studierenden Natasche Kastern, Rebekka Tegtmeier, Sina Schulz.Lesen Sie auch das Interview, das wir mit Miriam Wiediger im Rahmen des Symposiums geführt haben.

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