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Zukunft der Beratung: Beratungsformen und Beratungstrends Expertendiskussion (Zusammenfassung)

Beitrag von: Matthias Buchholz

Unternehmen: Conplore

MMC-Studiengangskoordinator André Karczmarzyk eröffnet das “Berater-Symposium 2012″ der Universität Oldenburg und Hochschule Emden-Leer mit der moderierten Podiumsdiskussion zum Thema:


“Zukunft der Beratung –

Beratungsformen und Beratungstrends”


 

Klaus Burmeister (zPunkt GmbH) als Zukunfts-, Innovations- und Strategic Foresight-Experte stellt fest: “In Zeiten von Unsicherheit, Komplexität und Disruptionen kann strategische Zukunftsberatung durch strategische Dialoge Orientierung bieten und Entscheidungen unterstützen. (…) Beratung wird immer dann up-to-date sein, wenn sie sich als offenes und lernfähiges System begreift.” Er verweist auf 6 bedeutsame Punkte, zentrale Herausforderungen und Änderungen in der Consultingbranche:

  • Langfristigkeit:
    Der kurzfristige Blick auf Veränderungen hilft nicht mehr weiter (Energiewende, etc.), der Blick auf das Unternehmen allein reicht nicht. Umwelten müssen beachtet werden.
  • Unsicherheit
    ist als Normalfall zu betrachten und Umbrüche und Disruptionen sind zu erkennen – neue Wettbewerbsmuster erfordern neue Geschäfts- und Wertschöpfungsmodelle.
  • Komplexität
    muss gemanagt werden, von neuen Tools Gebrauch gemacht (wie z.B. das Modell “Querbaukosten” bei Volkswagen).
  • Ergänzung
    quantitiver Kennzahlen und Tools durch qualitative ist erforderlich (Stichworte: Szenario, Delphi-Technik, Nutzerintegration, Open Innovation).
  • Eröffnung
    strategischen Dialogs, von Stakeholderdialogs und Dialog mit Wettbewerbern (TUI Think Tank, DHL Delivering Tomorrow, DieBahn, Deutsche Bank). Kommunikation UND Dialog.
  • Veränderung
    benötigt eine Richtung. Wertorientierung und Nachhaltigkeit sind in der Beratung zu etablieren.

Für eine Werteorientierung in der Beratung stellte Burmeister heraus, dass Berater nur aufklärend wirken können, wie sich die Welt verändert (z.B. Energiewende, Nach- haltigkeit). Es stelle sich die Frage, wer dabei die Berater schule.

Unternehmen brauchen Leitplanken.

“Regulierungen sind erforderlich als Rahmenbedingungen für die Unternehmen und deren strategische Ausrichtung. Es sei bedeutsam, Spannungsverhältnisse zwischen Beratern und Kunden zum Thema Nachhaltigkeit zu lösen. Ergänzend verdeutlicht Burmeister, dass:

“…ein Unternehmen nicht mehr in der Lage sein wird, komplexe Dienstleistung allein anzubieten”.

Konsequenz: Vernetzung, Kooperationsmanagement und Kooperation der Einzelanbieter sei notwendig. Erforderlich ist auch Intelligenz, wie wir den Wandel, wie wir die Transformation bewerkstelligen. Hier könnten sich auch Berater einschalten. Man solle sich fragen, wo die Themen liegen, die einen treiben. Jeder müsse die Themen finden, die er mit Enthusiasmus betreibt.


Abb.: Podiumsdiskussion Consulting Symposium | University of Oldenburg | Photo: conplore.de

Martin Hillebrand (Königswieser & Network GmbH) stellt die Frage ins Zentrum:

“Wie kriegen wir ein Geschäft am Business orientiert?”

…und erläutert, dass man Hard- und Soft-Themen integrieren müsse, um mit Komplexität und Unsicherheit umzugehen und Nachhaltigkeit zu schaffen. Er habe in den letzten Jahren beobachtet, dass die Beratungskunden mit weniger Herzblut, nüchterner, weniger leidenschaftlicher in Beratungsprojekte gingen und dass die Faktenorientierung gestiegen wäre. Er komme aus einer sehr weichen Welt, wo man nach “den McKinseys kam, um ein bisschen Freude, Lust und Vergnügen wieder in eine Organisation zu kriegen… unser Ansatz… eigentlich ist es natürlich Unsinn nach McKinsey, der Boston Consulting, KPMG – oder wen immer Sie hier auch als Synonym nehmen wollen – zu kommen und zu schauen, wie kriegen wir die Organisation jetzt wieder revitalisiert, (…) beteiligt, dass sie dort entzornt wird”. Die beiden Themen, harte & weiche zu integrieren, würde zunächst verunsichern, aber am Ende nachhaltig bleiben. “Hoffentlich ist die Zukunft der Beratung sinnhaft, virtuell und gesund.” Gesundheit und Globalisierung würden auf Ebene des Beraters (Umgang mit der eigenen Gesundheit) aber auch für die gesamte Organisation Themen der Zukunft werden. Auch die Energiewende werde unsere gesamte Intelligenz erfordern, da es letztendlich darum ginge, die Welt zu retten. Hillebrands Botschaften lauten:

“Die Branche sollte streitbar sein.”

…und sich die dogmatische Frage zu stellen:

“Beratung, was macht wirklich Sinn?”

Prof. Dr. Reinhard Pfriem (Universität Oldenburg) unterstreicht, dass genügend Mut für neue Themen in Unternehmen aufgebracht werden sollte. Er verweist dabei auf Beratungserfolge zum Thema Klimaanpassungsstrategien bei Unternehmen, die sich vorher gering oder gar nicht mit dem Thema befasst hätten. “Unter den Bedingungen von Klimawandel und der Gefährdung des evolutorischen Fortgangs der Menschheit brauchen Unternehmen völlig neue Geschäftsmodelle, um zukunftsfähig zu sein. Unternehmensberatungen könnten dabei helfen.”

“Wir brauchen eine große Transformation, um eine lebenswerte Zukunft zu erhalten und zu schaffen. Beratung in allen Feldern – nicht nur in der Strategieberatung – muss dem Rechnung tragen.”

Es könne nicht sein, “…dass wir uns nach wie vor und weiterhin in einer dramatisch nicht-nachhaltigen Konstellation befinden weltweit, und alle Unternehmen sind plötzlich nachhaltig – da stimmt ja was nicht – das heißt, es braucht hier eine echte Kehre, es braucht solche Transformation und dazu gehört auch, z.B. darüber nachzudenken als Berater und (…) für die Beratungspraxis zu beherzigen, (…) warum eigentlich Stichwort Gesundheit und Burnout-Syndrom gerade auch in Unternehmen und in der Gesellschaft zunehmen.” Er hinterfragt dabei den Change-Begriff und sieht stattdessen “Brüche” als die präzisere Beschreibung an. Hart heiße für Prof. Dr. Pfriem nicht primär technisch-organisatorisch, methodischer Art, sondern die Bewahrung der Anschlussfähigkeit; Unternehmen so radikal zu irritieren, dass sie dazu beitragen, uns in eine lebenswerte Zukunft zu führen. Als Antwort auf diese Ausführungen von Prof. Dr. Pfriem appelliert Hillebrand an das Publikum, mutig Unternehmen zu irritieren, aber nur wenn die Chance besteht, die Personen zu involvieren, die tatsächlich eine Veränderung gestalten können und nicht schon vorher so irritabel seien, keinen Eingang in die Organisation zu finden. Große Organisationen wie Daimler müssten zudem hinsichtlich nachhaltiger Ansätze mehr bewirken als kleinere Unternehmen.

“Brückenschlag zwischen kurz- und langfristig ist zentral. –
Die Verbindung ist die Kunst, vor dem Hintergrund einer Transformationsberatung.“

Ingo Körner (Brötje Automation GmbH) gibt als Beratungskunde den anwesenden Beratern deutliche Ratschläge. “Beratung ist nicht universell. Beratung besteht nicht aus Checklisten, sondern aus konkreten Fragestellungen in Unternehmen”, wofür entsprechende Spezialisten benötigt würden. Wichtig sei, die Wirksamkeit dadurch herzustellen, dass sich “der Berater so stark wie möglich in das Unternehmen integriert und dort Bestandteil wird und nicht als Fremdkörper wahrgenommen wird.” Als ein sehr wichtiges Thema sieht Körner die Globalisierung und steigende, internationale Komplexität in Unternehmen, die noch unzureichend verstanden wird. Parallel die gestiegene Dynamik, also die ständige Veränderung als Normalität, führe zu der Erkenntnis im Change Management “Projekte sind Alltag.”
Ein weiteres wichtiges Thema wäre die IT, also die Möglichkeit zur Kommunikation. Partnerschaften sind hier entscheidend, viele Potentiale wären noch ungenutzt. Die neuen Kommunikations- und IT-Systeme hätten deutliche Auswirkungen auf die Arbeitsorganisation (z.B. dezentralisierte Entscheidungen), aber nicht nur Vorteile, sondern führten z.T. auch zu Arbeitseffizienzverlusten z.B. durch den falschen Einsatz der Kommunikationsmittel. Karczmarzyk verweist hier auf den E-Mail-freien Freitag. Es bestehe Beratungsbedarf, wie Entscheidungen getroffen werden.

“Keiner von Ihnen ist Wettbewerber von anderen in diesem Raum.”

Es sei entscheidend, “die richtigen Leute zu kennen und mit ihnen zu kooperieren”, denn der Kunde wisse es zu schätzen. Passung und Vertrauen wären entscheidend – auch sein Unternehmen würde mit Wettbewerbern kooperieren. Die Wahl der Beratungsschwerpunkte und das eigene Empfehlungsnetzwerk des Beraters, sowie der Wissensaustausch zwischen Beratungsunternehmen sein erfolgsentscheidend. Die “One-Man-Show” in der Beratung werde abgelöst, da eine Kompetenzpyramide erforderlich sei, also eine gewisse Größe der Berater. Andere Geschäftsmodelle seien in der Beratung erforderlich, z.B. eine zu Beginn kostenfreie, erfolgsorientierte Zusammenarbeit mit späterer prozentualer Erfolgsbeteiligung. Dies hätte Vorteile in der Krise, erfordere aber eine gewisse Größe. Eine Fokussierung auf Konzepte, die Nutzen bringen (internen und externen) – also auf wertorientierte Konzepte sei unabdingbar. Berater sollten nicht als Heilsbringer auftreten, der Unternehmern gewisse Nachhaltigkeitskonzepte anpreist – Fokus müsse auf tatsächlichem Nutzen gelegt werden. Der demografische Wandel bewirke z.B., dass der Mitarbeiter / Mensch einen höheren Wert bekäme. Prof. Dr. Pfriem warf ein und erläuterte, dass der Nutzenbegriff ein sehr schillernder Begriff sei. Auch im eigenen Unternehmen zeichne sich ein Trend vom “reinen Maschinenbauer hin zum Berater” ab, wobei Beratungsleistungen bereits 2-3 % des eigenen Umsatzes ausmachen würden.

Astrid Jens-Rosendahl (TUI Inhouse Consulting) sieht im eigenen Unternehmen im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit einen Trend von soften Themen (Change- und Prozessbegleitung, nicht Leitung) hin zu harten Themen (Interimsmanagement, Projektleitung, harte Umsetzungs- und managementgetriebene Themen). Die Inhouseberater der TUI bewegen sich primär in der DACH-Region. Inhouseberatung berge die Gefahr einer gewissen Betriebsblindheit, solle aber auch irritieren. Zusätzlich würden auch externe Berater herangezogen, die andere Beratungsthemen bedienen, als die Inhouseberater. “Das Thema Nachhaltigkeit in einem Unternehmen zu verankern, das auch börsennotiert ist und entsprechend Ergebnisse bringen muss, ist eine sehr schwierige Sache und wirklich ein Balanceakt.” Der Zugang zu einem großen Konzern wie der TUI sei nicht einfach. Bei einer Initiative im Bereich New Business Raum wurde aber z.B. das “Modul 57″ geschaffen, bei dem Mitarbeiter der IT mit externen Gründern einen Co-Working Space bilden und neue Konzepte entwickeln. Dies wäre kurzfristig nicht wirtschaftlich und stünde daher immer wieder auf dem Prüfstand.

Martin Hillebrand fügte hinzu, dass börsennotierte Unternehmen i.d.R. einer Quartalslogik unterliegen. Ergänzend werden aber auch langfristige Strategien verfolgt. Berater sollten sich immer fragen, was machen die Konsumenten (nicht nur die Berater / Unternehmen).

Jens-Rosendahl möchte das Thema Nachhaltigkeit und Zukunftsthemen in den Beratungsansätzen stärker verankern, um nicht Opfer kurzfristiger Beratungsansätze zu werden. Sie gibt dem Publikum hinzu die Frage mit auf den Weg: “Wie können Frauen in der männerdominierten Beratungswelt ihren Platz finden und sich einbringen?”


MMC-Studenten / Organisationsteam des Beratersymposiums 2012 | University of Oldenburg | Photo: conplore.com

 

Workshops & Trendshow Consulting durch MMC-Studenten

In den Workshops und Panels des Beratersymposiums 2012 der Universität Oldenburg und Hochschule Emden-Leer werden im Anschluss an die einleitende Podiumsdiskussion vielfältige Themen durch die Experten analysiert und diskutiert. Die Studenten moderieren die Workshops und fassen im Rahmen der Trendshow für die Symposiumsteilnehmer die 10 Kern- erkenntnisse zusammen.

1.) Aus dem Workshop “Coaching im Burnout Prozess – Hilfe oder Gefahr?” mit den Referenten Dr. Christiane Perschke-Hartmann (AOK), Bernhard Aumann (eeMaxx – energy systems) und Doris Kirch (Deutsches Fachzentrum für Stressbewältigung und Achtsamkeit) lautet die Kernbotschaft: “Psychische Belastungsstörungen werden in der Arbeitswelt zunehmen. Berater oder Coaches können nur in Frühstadien des Burnouts ansetzen.”

2.) “Eines ist sicher: Die Zukunft ist ungewiss”, lautet die salomonische Nachricht aus dem Workshop mit den Referenten Hans-Jürgen Heinecke (TPO Consulting) und Klaus Burmeister (zPunkt).

3.) Renate Heinke (KMU Beratung GmbH) und Alf Baumhöfer (Baumhöfer Unternehmensberatung GmbH) stellen ihrem Publikum dar: “KMU ist ein Zukunftsmarkt.“ Um das Potential auszuschöpfen, müsse man Nischen und Netzwerke nutzen.

4.) “Kontinuierlich innovieren, heißt kontinuierlich Werte schaffen. Open Innovation bringt neuen Beratungsbedarf.” So lautet eine Kernaussage aus dem Workshop “Moderne Unternehmensberatung: von der Wertschöpfung zur Wertschaffung”, mit Dr. Angelika Kolb-Telieps von KT-Innovation.

5.) Dr. Bernhard Becker (comes Unternehmensberatung GmbH) und Christoph Siebecke (Oldenburgische Landesbank) zeigen den Trend auf: “Schwankende Märkte werden zur Normalität! Die Antworten: Drama raus, Versachlichung, Flexibilität, Transparenz nach innen und außen.”

6.) “Beratung heißt: schlau sein und in Bewegung zu bleiben, eine Balance zu schaffen”, postulieren die MCC-Studenten aus der von Miriam Schubert (Uni Oldenburg) moderierten Diskussion zum Thema “Berater – beratungsresistent? Relevanz der Weiterbildung im Beratungsmarkt” mit Dr. Ralf Klinge (Commerz Business Consulting GmbH), Arnd Petmecky (Clevis GmbH), Dieter Schoon (itelligence AG), Burchard Schröder (PKF ARBICON ZINK KG), Katja Vittinghoff (kv&p Unternehmensberatung) und Hagen Rower (interPartner Gesellschaft für Organisations- und Personalentwicklung mbH).

7.) “Overcomplexity, Dopamine Junkies, Relaxation”, lauten die Keywords aus dem Workshop “Beratung an der Grenze – und darüber hinaus” mit Andreas Kabisch (DETEGO GmbH & Co. KG).

8.) Die von Martina Stagge (ecco ecology + communication Unternehmensberatung GmbH) moderierte Diskussion mit Prof. Dr. Henning Hummels (Hochschule Emden-Leer) und Christian Tönne (ecco ecology + communication Unternehmensberatung GmbH) rund um das Thema “Vermarktung – geht’s auch ohne? Marketingkonzept für kleine und mittlere Unternehmensberatungen” unterstreicht: “Softmarketing – der persönliche Kontakt – gewinnt immer mehr an Bedeutung.”

9.) In einer Linie mit dieser Aussage ist auch die Message des Workshops “IT-Systeme als Unternehmensberater in der Zukunft? Einflüsse neuer Systeme auf die Consultingbranche“, die lautet: “Komplexe zentrale Beratungsleistung kann nicht durch IT ersetzt werden.” Elke Bövers (taurus media), Mirko Behnken (prevero software GmbH) und Lars Rölker-Denker (OFFIS – Institut für Informatik) diskutierten hier in- tensiv die Rolle von Avataren.

10.) “Es gibt nicht DIE richtige Beratungsform für DIE richtige Zeit“, lautet die Erkenntnis aus dem Workshop mit Stefan Schwanke (TU Unternehmens-beratung).

 

MMC-Beirat Dr. Claudio Felten (buw consulting GmbH) gibt dem Auditorium im Rahmen der Trendshow letzte zentrale Gedanken mit auf den Heimweg: Auf die Frage hin, ob eine Universität “fertige Berater liefern könne”, gibt Felten die intuitive Antwort: “Ein Berater ist nie fertig.” Die Zusammenarbeit von spezialisierten Beratern in Netzwerken werde zunehmen. Es werde zentral, “die Welt vom Kunden aus zu betrachten”, sprich, dass Berater Marketing lernen. Transformationsberatung komme eine wichtige Bedeutung zu.

“Generalisten sind tot. Spezialisierung nimmt zu.”

“Berater müssen dahin, wo sie ihre Kunden hinschicken.”

 

MMC-Koordinator André Karczmarzyk bedankt sich bei den Organisatoren, Sponsoren und Referenten.

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