Conplore: Hallo Herr Dr. Wahl,
Sie beraten in den Bereichen Logistik, Supply Chain und Digitalisierung. Ist die Logistikbranche ein Effizienzbolzen oder Verschwender?
Dr. Philipp Wahl:
Das kommt ganz auf die Perspektive an, die man einnimmt. Aus Sicht von Unternehmen ist hier noch erheblich Luft nach oben, vor allem in Deutschland. Die Logistik ist ein Enabler, aber nicht untypischerweise in großen Unternehmen das “Meat im Sandwich”, manchmal politisch zerrieben zwischen dem Vertrieb und dem Einkauf. Damit ist die Logistik oftmals gefangen in einer Rolle zwischen Effizienzbolzen und Verschwender. Zusammenfassend, sehe ich hier über alle Branchen erhebliches Potenzial, das bisher auch bei Logistikdienstleistern noch unberührt ist.
Conplore: Wie hoch ist der Digitalisierungsgrad in der Logistik im Schnitt? An welchen Stellen sehen Sie ein hohes Digitalisierungspotential?
Dr. Philipp Wahl:
Das kommt ganz auf den Prozess und die Branche an, die wir betrachten. Unsere Digitalisierungsgradanalysen basieren auf dem Prozessgedanken, ganz klar nach der Maßgabe “IT follows process”. Vor allem an den Schnittstellen in der Supply Chain wie beispielsweise zwischen Unternehmen und Dienstleistern oder Lieferanten und OEMs im Rahmen der Datenauswertung und automatischen Übertragung sind viele Unternehmen leider noch sehr einfach aufgestellt. Ein Digitalisierungsgrad von 50 % je nach Prozess ist hier nicht untypisch. Hinzu kommen träge ERP-Systeme, die Agilität durch Digitalisierung erschweren. Das wollen wir helfen zu ändern.
Conplore: Wie wirkt sich die Digitalisierung in der Logistik auf Geschäftsmodelle und Unternehmensstrukturen aus?
Dr. Philipp Wahl:
Erheblich. Es gibt aber einige Manager, die an dieser Stelle abwinken und meinen, das wäre nur einer vieler “Hypes” und eine Durchsetzung am Markt würde noch einige Jahre dauern. Die Entwicklungsgeschwindigkeiten der Technologien, die die Logistik beeinflussen, erzählen aber eine andere Geschichte. Leider unterschätzen viele Entscheider in Unternehmen den “USP Logistik” in der neuen digitalen Welt. Unternehmen, die das kapiert haben, haben ihr Geschäftsmodell und ihre Unternehmensstruktur klar danach ausgerichtet. Amazon beispielsweise sieht sich nicht als reines Handelsunternehmen, sondern auch als Logistikdienstleister.
Conplore: Mit welchen Instrumenten können Unternehmen ihr Supply Chain Management entscheidend verbessern?
Dr. Philipp Wahl:
Wir sollten weg von der klassischen, starren Projektentwicklung und unsere Projekte viel öfter nach dem “Trial and error”-Prinzip ausrichten. Der Prozess von einer Idee zum Prototypen kann innerhalb von 6 Wochen, je nach Umfang, bewerkstelligt werden. Ein oder mehrere Prototypen geben mir als Manager eine viel bessere Entscheidungsbasis und dem Team mehr Überzeugung. Nach einer Testphase, kann ich hier bereits nach 2-3 Monaten Investmententscheidungen treffen. Ein Prototyp muss dabei nicht ein Produkt sein, sondern kann auch eine Dienstleistung, eine Excel-Anwendung oder ein Prozess darstellen.
Conplore: Positivbeispiele für eine gelungene digitale Transformation in der Logistikbranche?
Dr. Philipp Wahl:
Die Digitalisierung in der Logistikbranche hat gerade erst begonnen. Digital transformiert ist tatsächlich noch niemand. Aber ich beobachte vor allem bei jungen Unternehmen, die Offenheit und Selbstverständlichkeit mit digitalen Prozessen umzugehen. Kombiniert mit agilen Strukturen und Entscheidungswegen ist das eine gute Voraussetzung effizient und wirkungsvoll, logistische Produkte & Dienstleistungen am Markt schnell zu platzieren. Große, alteingesessene Unternehmen und Konzerne tun sich da erfahrungsgemäß schwerer. Das dies nicht immer so sein muss, zeigen Konzerne wie Google & Amazon, die mit der digitalen Idee groß geworden sind.
Conplore: Die “future of mobility” ist geprägt durch autonome Flotten, Roboter bis hin zu automatischer Disposition und Distribution. Wie geht man mit der Angst vor Arbeitsplatzverlust seitens der Mitarbeiter um?
Dr. Philipp Wahl:
Laut dem Logistic-Trend-Index 2017 beobachtet die Mehrheit der Branchenexperten (70 Prozent) eine ablehnende Haltung bei den Mitarbeitern gegenüber der künstlichen Intelligenz. In der Aus- und Weiterbildung sieht man Ansatzpunkte, das künftige Zusammenspiel von Mensch und Maschine besser zu adressieren. Ich bin der Meinung, dass es sich hierbei eher um einen Arbeitsplatzwandel als um einen Arbeitsplatzverlust handelt. Während in einem Bereich, z.B. LKW-Fahrer damit zu rechnen ist, dass die Maschine hier irgendwann übernimmt, werden in anderen Bereichen, wie z.B. Datenauswertung und -sicherung mehr Kapazitäten benötigt. Wichtig ist, dass Unternehmen die Ängste der Mitarbeiter ernst nehmen und jetzt adressieren.
Conplore: Was tut ein guter Logistikberater, um tatsächlich Mehrwert beim Klienten zu generieren?
Wie steht es um das Kosten-Nutzen-Verhältnis in der Logistikberatung?
Dr. Philipp Wahl:
Er hört aufmerksam zu und arbeitet einfach mal für einen bestimmten Zeitraum operativ mit. Berater-Arroganz, schwarze Anzüge & Manschettenknöpfe sehen zwar schön aus, machen aber noch lange kein erfolgreiches Projekt. Genauso heißt noch nicht, wenn Scharen von Beratern bis spät 22 Uhr in einem Projektbüro sitzen, das dadurch Mehrwert generiert und ergebnisorientiert gearbeitet wird. Der Kunde hat ein Problem & ein Ressourcenengpass. Deswegen nimmt er sich einen Berater. Tatsächliches Verstehen, gründliche Analysen, Akzeptanz und fundamentale Expertise sind Schlüsseleigenschaften. Die Gesamtkosten bis zum klar definierten Ergebnis müssen dabei überschaubar bleiben- oftmals können 2 die Arbeit von 5 Beratern machen, wenn man richtig plant.
Conplore: Nachhaltigkeitsanalysen in der Logistik werden bedeutsamer. Welche weiteren Logistik-Trends beobachten Sie gezielt?
Dr. Philipp Wahl:
Artificial Intelligence kombiniert mit Big Data ist das nächste große Ding für die Logistik. Dabei geht es auch um Anwendungen, die dank Künstlicher Intelligenz im Hintergrund vorausschauend arbeiten. Zu denken ist dabei an selbstlernende Systeme, die Aufgaben in der Logistik, wie etwa die Planung der besten Route oder das Auslösen von Bestellvorgängen. übernehmen können. Zudem können autonome Drohnen die Inventur des Lagerbestands oder die Zustellung zum Kunden erledigen. Hier kommt es im Rahmend der Basisarbeit auf die Ableitung der richtigen Algorithmen an.
Conplore: Herr Dr. Wahl, vielen Dank für Ihre Zeit und die spannenden Ausführungen.
Wir wünschen Ihnen und Ihren Klienten alles Gute und nachhaltige Erfolge!
Über Dr. Philipp Wahl:
Nach einem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens mit Schwerpunkt Logistik & Supply Chain Management an der TU Berlin & der UC Berkeley, USA sammelte ich meine ersten praktischen Erfahrungen bei einem Truck-Zulieferer in den USA im Logistikbereich, bevor ich 2003 nach Deutschland zurückkehrte und für eine Management Beratung in München tätig wurde. In den folgenden fast 7 Jahren durchlief ich verschiedene Projekte in den Bereichen Logistik/ SCM, Reorganisation, Prozessoptimierung, Strategie und Innovationsmanagement und promovierte an der TU München im Bereich der strategischen Logistik/ Supply Chain Management.
2009 wechselte ich zu einem Münchner Konzern und übernahm die Verantwortung für den Bereich Corporate Business Development. Im Rahmen eines internationalen Strategieprojektes ergriff ich die Möglichkeit zusammen mit meiner Familie nach Neuseeland überzusiedeln und als Chief Operating Officer in einer Tochtergesellschaft tätig zu werden.
Der Drang nach Unabhängigkeit, die Leidenschaft zur Digitalisierung und der Spaß, neues zu Schaffen und unser Know-How weiterzureichen, veranlasste Carsten und mich zur Gründung der Logsters im Jahre 2016.
LOGSTERS MANAGEMENT CONSULTING:
Wir sehen uns als freundschaftliche Experten, die das klassische Beratungs-Handwerkszeug mit echter operativer Erfahrung verbinden. Unsere Leidenschaft für Strategie, Digitalisierung, Logistik und Prozesse und unseren bisherigen, fundierten Erfahrungen mit Beratern zwingen uns, es anders zu machen.
Auf Basis gründlicher Analysen beraten wir authentisch & operativ und entwickeln mit Ihnen zusammen kreative, zukunftsorientierte Lösungen. Dabei steht der Kundennutzen mit realistischen Mehrwerten im Mittelpunkt- nicht das Ausweisen fiktiver Potenziale.
Wollen Sie einfach mal eine unabhängige Experten-Meinung hören? Ein erstes Gespräch kostet nichts, schafft aber Mehrwerte.
Wir sind die Guten.