Interview über die Digitalisierung im Handwerk mit dem Berliner Malerbetrieb Kluge teilen!
Interview mit Kevin Kluge vom Malerbetrieb Kluge aus Berlin
„Die Digitalisierung im Handwerk gewinnt an Tempo“
Alteingesessene Handwerksbetriebe stehen mehr denn je vor der Herausforderung, ihre Prozesse im Zuge der Digitalisierung neu zu strukturieren, zu flexibilisieren und effektiver zu gestalten. Herrschen diesbezüglich auch noch vielerorts Unsicherheiten und eine gewisse Scheu vor dem Aufbrechen gewohnter Organisationsformen, so gehen doch auch viele traditionsreiche Unternehmen mutig voran und stellen ihre Geschäftsmodelle ohne Berührungsängste auf den Prüfstand.
Hier ist etwa der Malermeisterbetrieb Kluge aus Berlin zu nennen, der sein Digitalisierungskonzept seit Jahren stetig weiterentwickelt. Wir haben uns mit Geschäftsführer und Malermeister Kevin Kluge über Herausforderungen, Chancen und künftige Entwicklungstendenzen unterhalten.
Conplore: Guten Tag, Herr Kluge! Sie als Geschäftsführer eines alteingesessenen Berliner Unternehmens sind in einem hochdynamischen Marktumfeld tätig, das stetige Anpassungen erfordert. Was sind aktuell die größten Herausforderungen?
Kevin Kluge:
Das ist richtig. Aktuell sind es vor allem die steigenden Dokumentationsanforderungen und immer komplexer werdende Auftragsabwicklungen. Hinzu kommen der anhaltende Fachkräftemangel und der demografische Wandel – alles Faktoren, die Betriebe an allen Fronten gleichzeitig fordern.
Hat man dann noch den Anspruch, mit guten Dienstleistungen einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen und ein toller Arbeitgeber zu sein, stellt sich schnell die Frage, wie man das eigentlich alles schafft.
Conplore: Welche Konsequenzen haben Sie diesbezüglich gezogen?
Kevin Kluge:
Wir haben uns auf die Suche nach Lösungen gemacht, mit denen wir uns einerseits besser organisieren und den Aufwand geringer halten können, gleichzeitig aber auch keine Abstriche bei der Qualität und der Kundenzufriedenheit machen müssen.
„Dabei kristallisierte sich schnell heraus, dass der Hauptansatzpunkt die Prozessgestaltung ist.“
Nachdem wir uns viele Möglichkeiten bei anderen Betrieben und im Markt angesehen haben, entschlossen wir uns dazu, unsere Prozesse selbst zu gestalten. Dabei standen vor allem die folgenden Aspekte im Vordergrund:
- Sortierung
Im ersten Schritt sortieren wir alle Tätigkeiten im Unternehmen nach Prozessen. - Optimierung
Wir betrachten die Prozesse und versuchen, sie zu verbessern. Ziel ist es dabei, einen sehr guten Standard für jeden Prozess zu entwickeln und die Arbeit für unsere Mitarbeiter zu erleichtern. - Digitalisierung
Im nächsten Schritt wird der Prozess digitalisiert und im Zuge dessen deutlich transparenter gemacht. So weiß jedes Team-Mitglied jederzeit, was gerade wo passiert. Wichtig ist hierbei, ausreichend Zeit und Ressourcen zu investieren. - Automatisierung
In diesem Bereich werden lediglich sehr einfache Aufgaben vom System selbst durchgeführt. Kein Mitarbeiter soll Aufgaben erledigen, die automatisch ablaufen. So bleibt mehr Zeit für die Kunden und die Qualität aller Leistungen kann deutlich gesteigert werden.
„Unser grundsätzlicher Leitspruch bei der Erledigung aller Arbeiten ist dabei: Klarheit schafft Harmonie.“
Conplore: Wie viel Zeit haben die Digitalisierungsarbeiten in Anspruch genommen?
Kevin Kluge:
Ein gutes Unternehmen ist nie fertig. Wir arbeiten seit drei Jahren intensiv an unseren Prozessen. Seit einem Jahr digitalisieren und automatisieren wir. Die damit verbundenen Arbeiten werden aber auf jeden Fall noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Schließlich gibt es immer wieder neue Anforderungen und neue Aufgaben, die man lösen muss.
Zu den zentralen Gesichtspunkten zählen dabei Zeit und Individualität. Schließlich gleicht kein Unternehmen dem anderen, weshalb viele Patentlösungen kaum geeignet sind, um Prozesse nachhaltig zu verbessern.
Die Digitalisierung im Handwerk schreitet voran – Kluge-Office Berlin | Bild ©Malerbetrieb Kluge – Foto von Philipp Arnoldt Photography
Conplore: Arbeiten Sie ausschließlich intern an der Verbesserung Ihrer Prozesse oder haben Sie Partner hinzugezogen?
Kevin Kluge:
Zunächst einmal ging die Initiative für die Arbeiten natürlich von uns aus. Es war stets Teil unseres Selbstverständnisses, unsere Dienstleistungen für unsere Kunden und das Arbeitsumfeld für unsere Mitarbeiter ständig zu verbessern. So haben wir unsere Abläufe stets hinterfragt und verbessert. Um dabei blinde Flecken zu vermeiden, haben wir immer auch externe Impulse angestoßen.
So arbeiten wir etwa mit dem Institut für Unternehmensführung zusammen, das uns dabei unterstützt hat, selbstkritisch alle Abläufe zu hinterfragen, und durch Erfahrungen von über 200 Partnerbetrieben viel Know-how bereitstellte. Ebenso unterstützten uns externe Digitalisierungsexperten, die Lösungen suchten und schafften, wo keine bestanden. Darüber hinaus pflegten wir auch den Austausch mit vielen anderen Betrieben, die zum Austausch über ihre Prozesse bereit waren.
Conplore: Wie kann man sich als Laie eine effektive Umgestaltung von Prozessen vorstellen?
Kevin Kluge:
Jeder Betriebsinhaber kennt typische Probleme mit Arbeitsabläufen. Häufig gehen die Mitarbeiter ihren Aufgaben mehr oder weniger routiniert nach, doch wie etwas genau funktioniert, ist nirgends schriftlich vermerkt. Wird dann zum Beispiel ein Prozess länger nicht durchgeführt, vergessen die Team-Mitglieder wichtige Schritte und es ist erst wieder eine langwierige Einarbeitung erforderlich.
„Ein wichtiger Schritt bei der nachhaltigen Prozessgestaltung besteht also in einer lückenlosen Dokumentation.“
Jeder Arbeitsablauf muss genau festgehalten werden und bei Bedarf ohne lange Suche zur Verfügung stehen. Wir nutzen hier zum Beispiel Checklisten, die jedem Prozess zugeordnet werden. Dasselbe gilt für die zu jedem Task gehörende Kommunikation. So können sich auch neue Mitarbeiter schnell ein Bild von einer Aufgabe machen, zu der sie zugeteilt werden. Auch ist sichergestellt, dass keine Informationen verlorengehen.
„Besonders wichtig ist uns dabei, alle verwendeten Software-Lösungen mit der Zeit miteinander zu verschmelzen – egal, ob es um das Rechnungswesen, die Verwaltung oder die Generierung von Leads geht.“
Dadurch kann jeder Mitarbeiter jederzeit auf alle Informationen zugreifen, die er benötigt. Eine zentrale Voraussetzung hierfür ist natürlich eine gewissenhafte Schulung, nicht nur in Hinblick auf den Umgang mit den Software-Lösungen und den einzelnen Arbeitsabläufen, sondern auch mit dem Zeit- und Prioritätsmanagement.
Conplore: Wie wirken sich die veränderten Prozesse auf Ihren Arbeitsalltag aus?
Kevin Kluge:
Durch die Automatisierung von Prozessen gewinnt man Zeit. Diesen Zeitvorteil nutzen wir, um mehr Projekte zu bearbeiten und größere Mehrwerte für unsere Kunden zu generieren. Unsere Mitarbeiter sollen vor allem in die Lage versetzt werden, ihre Arbeit so stressfrei und effektiv zu erledigen wie möglich.
Teamwork beim Malerbetrieb Kluge Berlin | Bild ©Malerbetrieb Kluge – Foto von Philipp Arnoldt Photography
Conplore: Welche Maßnahmen sind für die Zukunft geplant?
Kevin Kluge:
In Zukunft wollen wir Digitalisierungsmaßnahmen auch auf unsere Facharbeiter-Ebene ausdehnen. Hier sehen wir bei unseren bestehenden Lösungen noch viel Verbesserungspotenzial.
Conplore: Welches Fazit können Sie ziehen, wenn es um Digitalisierung im Handwerk geht?
Kevin Kluge:
Vor allem im Bereich der Software-Entwicklung für Handwerksbetriebe tut sich einiges. Wenn man sich mit anderen Betriebsinhabern unterhält, schrecken zunächst einmal die hohen Investitionsvolumen ab. In der Regel rechnen sich Arbeit und Kosten aber bereits in kürzester Zeit, wenn man seine Ziele konsequent verfolgt und mit den richtigen Partnern zusammenarbeitet.
Conplore: Vielen Dank für das informative Gespräch und die interessanten Einblicke.
Bilder: ©Malerbetrieb Kluge | Fotos von Philipp Arnoldt – Alle Rechte vorbehalten