A n z e i g e n

Ein kritischer Blick: Qualitätsmanagement, Zertifizierung & Qualitätssiegel im Gesundheits- & Medizintourismus

Beitrag von: Matthias Buchholz

Unternehmen: Conplore

Qualitätsmanagement im Gesundheits- und Medizintourismus

Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen…

Die überwältigende Mehrheit der nicht-fachkundigen Konsumenten hingegen hat unterdessen mit vollem Recht resignierend den Überblick darüber verloren, welches Qualitätssiegel etwas taugt und welches nicht. Anstatt Transparenz zu erreichen, führt die Siegelflut vor allem zu mehr Unsicherheit auf Kundenseite. Am Beispiel der Medical Wellness-Qualitätssiegel wird die Problematik dieses “Qualitätsdschungels” im Folgenden kritisch beleuchtet. Abschließend werden die Vorteile eines professionellen Qualitätsmanagements klar herausgestellt und es wird aufgezeigt, was Betriebe bei der Auswahl eines Siegels beachten sollten.

Qualität wird als die Summe aus Eigenschaften definiert, die zur Erfüllung von Bedürfnissen beitragen.
(Deutsches Institut für Normung, DIN)

Dieser Ansatz ist sehr allgemein, verdeutlicht aber, dass Qualität immer aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden sollte (Kunden, Mitarbeiter, Betreiber, Finanziers, etc.). Im Bereich der Gesundheit und Medizin sprechen Experten von sogenannten “Vertrauensgütern” (siehe z.B. Prof. Dr. H. Woratschek). Dabei handelt es sich um Güter und Dienstleistungen, deren Qualität der Kunde oder Patient, wenn überhaupt, erst nach Inanspruchnahme der Leistung beurteilen kann. Naturgemäß sind derartige Güter mit einer hohen Verhaltensunsicherheit seitens der Konsumenten behaftet, weshalb das Bedürfnis nach Qualitätsbemessung durch Fachexperten entsteht.

Das Bedürfnis nach Transparenz

Um dem Bedürfnis nach Transparenz im Gesundheitsmarkt nachzukommen, wurde teils auf privat-freiwilliger Basis, teils aufgrund gesetzlicher Vorschriften, in vielen Ländern ein Qualitätsmanagement in Gesundheitsbetrieben installiert. Schnell erkannten Verbände und eifrige Geschäftsleute die Marktchance im Bereich Qualitätszertifizierung und -schulung. Bekannte Standards im medizinischen Bereich sind die JCI-Akkreditierung, die ISO 9001 und KTQ, Trent sowie EFQM. Die ISO 9001 dient dabei als reiner Nachweis, dass ein Qualitätsmanagementsystem installiert ist, d.h. es wird nichts über die Güte, die eigentliche Qualität der Einrichtung, ausgesagt. Sind Qualitätsstandards staatlich anerkannt, nennt man diese Gütezeichen (nicht Siegel). In Österreich wurde ein staatlich anerkanntes Qualitätsgütezeichen “Best Health Austria” speziell für gesundheits- und medizintouristische Betriebe in einer Kooperation von Gesundheits- und Tourismusexperten entwickelt. Der Standard ist bisher überwiegend in Österreich verbreitet. Gemeinsam mit dem TÜV-Süd wurde der Standard auf internationale Gegebenheiten angepasst und soll zukünftig weltweit zum Einsatz kommen als “Best Health International”. Ein erstes Haus wurde in Ägypten zertifiziert. Die externen Qualitätsprüfungen (sogenannte Audits) erfolgen durch externe Auditoren, die von spezialisierten Prüfstellen wie dem TÜV oder von den jeweiligen Verbänden selbst stammen. Die Qualitätscoachings werden durch geschulte Experten erbracht, die ihre Qualifikation als Coaches für den entsprechenden Qualitätsstandard nachweisen können.

Einheitliche europäische Qualitätskriterien im Bereich Medical Wellness fehlen.

Am Beispiel des Medical Wellness-Marktes wird schnell deutlich, dass einheitliche europäische Qualitätsstandards in diesem Marktsegment nicht vorhanden sind. Hinzu fällt es einigen Anbietern von Qualitätssiegeln leichter in Deutschland Fuß zu fassen als anderen, die daher ihre Marketingaktivitäten eher nach Osteuropa verlagern. Problematisch ist hierbei auch die Bandbreite an verschiedenen Qualitätslevels zwischen West- und Osteuropa, die die Anwendbarkeit eines Standards auf eine Breite an Qualitätslevels erfordert. Ein Top-Qualitätsanbieter sieht sich nicht gerne in einem Becken mit schwachen Performern. Ein Low-Price-Anbieter hingegen kann Top-Qualitäts- standards nicht erreichen.

 

Sind Krankenkassen von Medical Wellness Standards überzeugt?

Nur wenigen Zertifizierern gelingt es, westeuropäische Krankenkassen von ihren Standards zu überzeugen, obwohl nach eigenen Angaben sehr viel in die Qualität der eigenen Bewertungskriteriensets investiert wurde. Während einige Anbieter ihre Qualitätsmesskriterien bewusst offenlegen, macht ein Großteil der Anbieter ein Geheimnis aus den eigenen Kriterien. Krankenkassen nutzen die Bewertungen bestimmter Anbieter als Anhaltspunkte, welche Betriebe, Einrichtungen und Destinationen im In- und Ausland als Vertragspartner interessant sein könnten, um für die eigenen Versicherten attraktive Behandlungsangebote zu sichern. Erfahrungsgemäß wird jede Einrichtung aber vor Direktvertragsabschluss durch eigene Versicherungsexperten geprüft.

Vorteile und Auswahl eines professionellen Qualitätsmanagements

Unabhängig von der Wahl eines Qualitätsmanagementsystems lohnt sich die Einrichtung von Qualitätsstandards in jedem Fall. Nur wer misst, kann präzise navigieren. Folgende Vorteile können sich durch die Qualitätsmessung ergeben:

  • Gesteigertes Qualitätsbewusstsein bei den Mitarbeitern
  • Erhöhte Kundenzufriedenheit (ggf. Kundentreue), erhöhte Weiterempfehlungsrate
  • Gesteigerte Einnahmen
  • Innovationen werden wahrscheinlicher
  • Haftungsrisiken und Beschwerden können reduziert werden
  • Einsatz im Marketing / Steigerung der Vertriebszahlen
  • Preisprämien / Preissteigerungen werden möglich

Der betroffene Betrieb sollte sich bei der Auswahl folgende Fragen beantworten:

  • Welche Standards habe ich gemäß Gesetz einzuhalten?
  • Bin ich ein Gewerbebetrieb oder eine medizinische Einrichtung?
  • Welche Ziele verfolge ich mit der Einrichtung des Standards?
  • Wer sind meine Kunden und Mitarbeiter? Passt der Standard dazu? Patienten? Touristen?Nationaler, internationaler Standard?
  • Wird der Standard von meiner Zielgruppe als relevant, glaubwürdig wahrgenommen? Versicherungen?
  • Versteht meine Zielgruppe den Standard?
  • Was kostet die Einrichtung des Qualitätsmanagementsystems? Im laufenden Betrieb? Zertifizierungs- und Schulungskosten?
  • Was tue ich bereits im Bereich Qualitätsmessung? Welche Dokumentationen liegen mir bereits vor?
  • Welches Budget, welche Personal- und Zeitressourcen habe ich zur Verfügung?

In jedem Fall sollte erwogen werden, erfahrene, unabhängige Berater zu konsultieren und in die Auswahl und Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems einzubeziehen. Diese sollten auch die Qualität des jeweiligen Qualitätsstandards sowie seine Vor- und Nachteile kennen.

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