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Die Transformation der Beschaffung | Beschaffung in der „Digital Value Economy“ (White Paper e&Co. AG)

Beitrag von: Dr. Engelbert Wimmer

Unternehmen: e&Co. AG

Die Beschaffung in der „Digital Value Economy“: Strahlt ihr Einkauf schon in Farbe – oder flimmert er noch in schwarz-weiss?

Management Summary:

In Zeiten von digitaler Vernetzung, Innovationsdruck und High-Speed-Entwicklungsgeschwindigkeit müssen tradierte Beschaffungsorganisationen ihr Programm ändern. Weg vom eintönigen Grau, hin zu einem farbigen Spektrum der Vielfalt. Was bedeutet das genau? Die werthaltige Beschaffung der Zukunft muss ihre bisherige Nebenrolle als statischer Auktionator der Fachabteilungen verlassen. Sie wird in der Hauptrolle zum gestaltenden Beziehungsmanager, vernetzten Wertschöpfungspartner, pro-aktiven Innovationsscout sowie zum verantwortungsvollen Regisseur innerhalb von digitalen Ökosystemen. Ein nötiger Switch, schließlich kommen ca. 80% der digitalen Innovationen über die Zulieferkette.

Zur Einstimmung können Sie sich hier das Expertentalk-Video zum Thema ansehen:

e&Co. AG - Expertentalk-Video Transformation in der Beschaffung

White Paper im Überblick:

  • Die vier Grundpfeiler der „Digital Value Economy“: Digitalisierung verändert alles.
  • Zeit für Vielfarbigkeit: Auswirkungen der Digitalisierung auf die Beschaffung.
  • Future Roadmap: Notwendige Transformation der Beschaffungsorganisation.

I. Ausgangssituation: Die Digitalisierung verändert alles.

Digital Value Economy

Die „Digital Value Economy“, wie wir die digitalisierte Businesswelt nennen, verändert die Existenzgrundlage von Unternehmen massiv. Speziell die Automobilindustrie steht unter einem großen Anpassungsdruck, angetrieben durch die Auswirkungen mehrerer Globalisierungswellen, einer intensivierten Wettbewerbsdynamik durch neue Player – und vor allem durch die vier digitalen Grundveränderungen. Ein Verständnis für das Zusammenspiel dieser Faktoren ist für Unternehmen essentiell, um ihren Kurs schnell ändern zu können und sich erfolgreich im Digitalisierungsmeer zu positionieren.

 

1. Wert für Nutzer

Die Digitalisierung ändert, was Kunden als „werthaltig“ verstehen. Der Kunde wandelt sich vom reinen Produkt-Käufer zum Nutzer von intelligenten Diensten und Services. Wert entsteht für ihn nicht mehr durch die reine Transaktion, sondern durch die Beziehung: Er ist mit Unternehmen über Plattformen und digitale Kanäle dauerhaft vernetzt, liefert rund um die Uhr Daten und Feedback. Das neue Beziehungsmanagement muss in Echtzeit erfolgen – Vertrauen, Individualisierung und Zeitgewinn sind die neuen Kernwerte.

 

2. Inhalte und Angebot

Die Digitalisierung ändert, was Unternehmen anbieten und wie sie ihre Angebote erbringen. Eine neue Technologiewelle nach der anderen ermöglicht die zunehmende Vernetzung von Kunden mit Produkten und Diensten – fördert allerdings auch eine extreme Erwartungshaltung an die Customer Experience. Um diese zu erfüllen, müssen Unternehmen ihre Angebote und Prozesse gleichermaßen an die Möglichkeiten der Digitalisierung anpassen: Schnelle Produktlebenszyklen bedingen noch schnellere Durchläufe in der Produktentwicklung – und die vernetzten Angebote müssen über ihren gesamten Lebenszyklus gewartet und betreut werden.

 

3. Identität des Unternehmens

Die Digitalisierung verändert das Selbstverständnis von Unternehmen. Neue Arbeitsformen innerhalb von digitalen Ökosystemen lassen die Grenzen zwischen dem „Innen“ und dem „Außen“ von Unternehmen verschwimmen. Herkömmliche Aufbauorganisationen scheitern an der Komplexität und Dynamik agiler Projekte. Fluide Arbeitsgemeinschaften formen neue Landschaften der Führung und Gestaltung. Die Kunst besteht darin, das Neue mit dem Alten gekonnt zu orchestrieren, um im Wettbewerb zu überleben – und bestenfalls eine führende Rolle zu übernehmen.

 

4. Verhaltensmuster im Unternehmen

Die Digitalisierung fördert eine Kultur des Pioniergeistes und der Vernetzung, aber auch der Leistungsverdichtung. Als Mitarbeiter übernimmt man die Rolle des mündigen Gestalters und aktiven Impulsgebers. Das Team, in dem man arbeitet und seine „Experiences“ sammelt, wird zur festen Bezugsgröße, der man vertraut. Die anonyme Institution des großen Konzerns wird damit vom überhöhten Sockel gestoßen.

Diese vier Grundveränderungen zwingen die Industrie zu einer Neuausrichtung – mit enormen Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfungskette. Betrachten wir nun die Implikationen für die Beschaffungsorganisation und wie sie sich wandeln muss, um Unternehmen bestmöglich bei der Digitalisierung unterstützen zu können.

 

 

II. Auswirkungen der Digitalisierung auf die Beschaffung.

Gerade die Funktionen der klassischen Supply-Chain spüren den Anpassungsdruck im Kontext der fortschreitenden Digitalisierung bereits intensiv: Steigende Anforderungen (Ressourcenmangel an allen Ecken) treffen auf wachsende Komplexität (neue Technologien, zunehmende thematische Breite, Tiefe der Mitwirkungserfordernisse, Dynamik der Geschäftsmodelle etc.) – und das Ganze bei gleichzeitig hohem operativen Workload. Die Einkaufsorganisation muss sich im Wesentlichen von der klassischen Beschaffungsinstanz zur proaktiven Schnittstelle zwischen internen und externen Partnern wandeln – vom rein operativen Einkauf hin zu einem strategischen Innovationsnetzwerk. Wir sprechen von den fünf Treibern der Veränderung für die Beschaffung:

 

Fünf Treiber der Veränderung für die Beschaffung

 

 

1. Value Sourcing – Wertbeitrag ist wichtiger als das günstigste Angebot.

Die Beschaffung muss weg vom reinen Fokus auf Kostenersparnisse – hin zu einer langfristigen Wertorientierung bei der Auswahl von Lieferanten. Der bisherige, schwarz-weiße Beschaffungsprozess auktioniert eine feststehende Leistung zum besten Preis. Dieses Vorgehen macht die Beschaffung blind für das eigentlicher Farbspektrum des Businesslebens: Innovationssprünge, Vernetzungsvorteile, Systemvorteile, geografische Abdeckungsvorteile oder Kooperationseffekte bleiben ungenutzt – und werden zum Problem des Fachbereichs.

Eine werthaltige Beschaffung hingegen muss lernen, Lieferantenvorteile nicht nur über den Preis zu erreichen – sondern in ihrer Beurteilung ein facettenreiches Farbspektrum berücksichtigen. Wertvolle Partner für die Zukunft sind solche, die über ein hohes Innovationspotential verfügen, ihre Produkte stetig weiterentwickeln – und so ihre Leistungskraft demonstrieren. Sie verstehen es, die Produktentwicklung ihrer Kunden mit der Vorentwicklung ihrer eigenen Ingenieure und Entwickler zu vernetzen. Sie verfügen über einen großen IP-Pool und können auf eine herausragende Forschungs- und Entwicklungsabteilung zurückgreifen. Sie verstehen die Bedürfnisse und Geschäftsmodelle ihrer Kunden und gehen auf ihre kulturellen Besonderheiten ein. Starke Lieferanten avancieren damit zum tatsächlichen Wertschöpfungspartner, werden zum integralen Bestandteil von agilen Development-Teams in Unternehmen, liefern einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung ihrer Kunden, greifen Impulse vom Markt auf und bringen eigene Ideen ein für die gemeinsame Wertschöpfungskette. Wir nennen das: Value Sourcing.

Um dies zu ermöglichen, muss die Beschaffung bereit sein, langfristige Kooperationsmodelle einzugehen und ausgewählte strategische Partnerschaften unterhalten.

Dies bedingt aber z.B. auch, Win-Win-Situationen zu ermöglichen: Geht ein Supplier bei seiner Vorentwicklung sehr stark in Vorleistung, um ein gemeinsames Projekt zu stemmen, sollte sein Risiko entsprechend durch einen späteren Übergewinn kompensiert werden. Dies wiederum setzt eine vertrauensvolle und partnerschaftliche Basis voraus – und den gezielten, offenen Informationsaustausch. Es müssen neue Zielgrößen definiert und es muss ein neues Steuerungssystem implementiert werden.

Die Beschaffung wandelt sich durch eine solche Neuausrichtung zum Scout für die besten Lösungen am Markt, zum Enabler für neue digitale Geschäftsmodelle und zum Treiber für die digitale Transformation des Unternehmens.

Operativer Einkauf bei Amazon – Algorithmen übernehmen: Wie wir in Gesprächen mit Experten erfahren konnten, setzt der disruptive Online-Handelsgigant immer mehr auf künstliche Intelligenz in seiner operativen Einkaufsorganisation. Die klassische Rolle der transaktionsorientierten Beschaffungsexperten rückt in den Hintergrund – komplexe Algorithmen automatisieren die Einzeltransaktionen. Bei Amazon, so die Insider, liegt die Zukunft der Beschaffung im Gestalten von Wert und nicht im Drücken von Kosten (das können in vielen Fällen die Maschinen bereits besser).

 

2. Agiler Business Partner – Mitwirken und die digitale Zukunft gestalten.

Nicht nur ein starkes externes Scouting-Netzwerk ist gefragt, sondern auch die vertikale, also die interne Vernetzung: Der Einkauf verlässt seine Silorolle und übernimmt eine aktive, partnerschaftliche Funktion innerhalb des Unternehmens.

Die Ära ist vorbei, in denen die Beschaffung lediglich darauf wartet, dass ihr aus den Fachabteilungen irgendwelche Bedarfe in Form von 25 Zentimeter dicken Anforderungskatalogen zugetragen werden, um diese dann bei Lieferanten über die klassisch-langwierigen Prozesse zu auktionieren. Das ist in Zeiten von agilen Mobility-Projekten, der Entwicklung von Internet-of-Things-Lösungen oder der Implementierung von neuen digitalen Geschäftsmodellen nicht mehr abbildbar. Hier müssen in den meisten Fällen ad hoc Leistungen eingekauft werden, bevor überhaupt alle Anforderungen definiert werden können – bedingt durch neue Kundenwünsche, einen hohen Delivery-Druck und die schnelle Taktung der Projekte.

 

Agiler Business Partner Beschaffung

Die Beschaffung verändert sich von einer reinen „Bestellabteilung“ zu einem netzwerkenden Beziehungsmanager in einer farbenfrohen Welt. Sie wird zum vorausdenkenden Businesspartner – und zur engagiert mitarbeitenden Digitalisierungsschnittstelle im Unternehmen. Ihr Fokus wandelt sich von der Administration hin zur weitsichtigen Optimierung der Wertschöpfungskette. Das Ergebnis wird wichtiger als der Prozess: Rein in die Inhalte, im engen Schulterschluss mit den Fachabteilungen, und mit einer klugen Kombination aus hoher Einkaufskompetenz und strategischer Weitsicht. Rein in die diversen Projekte, als unterstützender Dienstleister für digitale Beschaffungsthemen. Zum Beispiel durch einen „Resident“, der innerhalb von agil arbeitenden, interdisziplinären Teams wertvolle Impulse gibt, Bedarfe antizipiert und dafür sorgt, dass die richtigen Lieferanten frühzeitig einbezogen werden. Denn die Digitalisierung erfordert einen gemeinsamen Entwicklungsprozess und den aktiven Gedankenaustausch über die gesamte Lieferkette hinweg. Die Einkäufer werden dadurch zu Experten für die jeweiligen Themen aus den Fachabteilungen, erhalten wertvolle Einblicke in den Markt sowie Einsicht in Kunden und Nutzung – und sind so in der Lage, eigenständig nach vorteilhaften Lösungen zu scouten und proaktiv passende Supplier-Alternativen vorzuschlagen, die primär nach Leistungsgesichtspunkten bewertet wurden, statt nach Kostenvorteilen. Dies erfordert, dass sich das Procurement neu aufstellt. Neben der klassischen Beschaffung sollte zusätzlich eine Art „Einkäufer-Responsepool“ aufgebaut werden, um kontinuierlich Beschaffungsmitarbeiter in die agilen Projektzellen entsenden zu können.

Denn genau hier liegt künftig die eigentliche Stärke des modernen Lieferanten-Managements: im Orchestrieren der internen, fachübergreifenden Kommunikation und dem externen Lieferanten-Netzwerk.

Damit nimmt die Beschaffung eine sehr wichtige Rolle ein: Sie wird zum Hüter der Organisationshaut, zwischen Intern und Extern, sowie zwischen Performance und Compliance.

An dieser Schnittstelle übernimmt sie auch die Verantwortung für Schutzmechanismen, um sicher zu stellen, dass die Arbeit in agilen Zellen nicht zur Beliebigkeit bei der Beauftragung von externen Partnern mutiert. Schnelle Reaktionsfähigkeit gepaart mit einem ausgeprägten Sensus für Compliance ist damit eine zentrale Aufgabe von den mitwirkenden Beschaffern in den agilen Arbeitszellen. Das ist ein schwieriger, aber sehr wichtiger Spagat. Die Fähigkeit, mit solchen Paradoxien umzugehen, wird eine der Kerneigenschaften von Managern der Zukunft – zum Beispiel, indem sie Hierarchie nicht zum Mittel der Gestaltung machen und trotzdem einen Way-Forward erzeugen.

Der Lackmustest für Ihr Unternehmen: Versteht sich Ihre Beschaffung als Hoheitsfunktion (erkennbar z.B. daran, dass fachliche Unterschiede ignoriert oder komplexe Sachverhalte unzulässig vereinfacht werden, oder an der Fokussierung auf die eigene Selbstoptimierung und einem damit verbundenen Gehabe)? Wo immer Sie das mit „Ja“ beantworten können, müssen die Alarmglocken anschlagen – denn dort ist das Thema einer wertstiftenden Einkaufsorganisation in Gefahr.

 

3. Die Hebelkraft von Daten und neuen Technologien intelligent nutzen.

Die ganze Welt spricht von Digitalisierung und bahnbrechenden, neuen Technologien. Sind diese Strömungen aber schon in der Beschaffung angekommen? Nutzen die Einkäufer selber die digitalen Instrumente, mit denen sich die Zukunft gestalten lässt? Setzen sie datengetriebene Modelle ein, um die Fachabteilungen bei wichtigen Entscheidungen fundiert zu unterstützen? Existiert ein kluges Wissensmanagementsystem, das durch künstliche Intelligenz und die Analyse von Echtzeitdaten eine transparente, selbstlernende und vorausschauende Einkaufsoptimierung ermöglicht? Diese Fragen lassen sich weiter fortsetzen – und in den meisten Fällen lautet die Antwort darauf: nein.

Ein Beispiel: In der alten Schwarz-Weiß-Welt der Beschaffung werden speziell im IT-Bereich zunächst die Requirements formuliert, dann die notwendigen Changes definiert, um den Business-Prozess an die eigenen Anforderungen anzupassen – anschließend wird dann die Lösung programmiert und in-house betrieben. In der Full-HD-Color-Zukunft läuft alles über die Cloud. Das stellt bisherige Modelle und Prozesse völlig auf den Kopf. So sind z.B. keine Vorab-Investitionen mehr nötig, dafür erhöhen sich aber die laufenden Betriebskosten. Und wenn die Beschaffung dann auch noch die Vorteile von Cloud-Technologien für die eigenen Zwecke erkennt und einsetzt, wird das Lieferantenmanagement ortsunabhängig, operative Prozesse können einfach integriert und automatisiert werden. Das wiederum eröffnet neue Möglichkeiten, Lieferanten fundierter und schneller auswählen zu können – und sie in das eigene Unternehmen wertstiftend einzubinden.

Mitarbeiter aus dem Einkauf müssen selber zu Technikexperten werden und starke Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung aufbauen, um über das bloße Transaktionsmanagement hinausgehen zu können.

Nur so kann die Beschaffung bedeutende strategische Themen, wie z.B. Unsicherheit, Risiko, Innovation oder Volatilität mit in den Fokus nehmen. Dazu gehört auch, dass Einkäufer lernen, neue Technologien für sich zu nutzen, um den gesamten Prozess zu optimieren und Wettbewerbsvorteile daraus zu ziehen: vom Datensammeln hin zur Datenanalyse für konkrete Handlungsempfehlungen.

Einige Beispiele hierfür: Plattformtechnologien können von Beschaffungsexperten z.B. dafür genutzt werden, um gezielt Innovationen zu sourcen. Als Plattformmanager wird der Einkäufer durch automatisierte Systeme dabei unterstützt, Lieferanten zu identifizieren, deren Leistungen zu bewerten und die richtigen Partner auszuwählen. Digitale Technologien helfen dabei, eine effiziente und transparente Kommunikationsstruktur entlang der Supply Chain zu etablieren, um die Lieferantensteuerung zu optimieren. Ein guter Decision Support in der Beschaffung erarbeitet über hoch-performante Analyseverfahren für die Fachabteilungen Risikomodelle mit Einschätzungen zu Ausfallwahrscheinlichkeiten zwischen zwei potentiellen Lieferanten, bezieht dabei aber z.B. auch geopolitische Faktoren in die Abwägung mit ein. Kluge Algorithmen können von Einkäufern eingesetzt werden zur Mustererkennung, um beispielsweise frühzeitig Anomalien oder Betrug aufzudecken, überflüssige Kosten zu enttarnen oder um Maverick-Buying (Schatten-Beschaffung) zu vermeiden. Big-Data- und Analytics-Technologien unterstützen die Beschaffung zum einen bei der vorausschauenden Bedarfsplanung, indem Daten aus verschiedenen externen Quellen mit einbezogen werden, um die künftige Nachfrage abzuleiten und Lieferantenaktionen anzustoßen. Zum anderen werden in Echtzeit Lieferantenrisiken abgewogen und darauf basierend Lösungsoptionen präsentiert.

Gerade dieses Antizipieren von Bedarfen und Risiken wird in Zukunft für den kompletten Wertschöpfungsprozess entscheidend sein, um die Supply Chain transparent darstellen zu können und um Compliance-Themen einzuhalten. Daher werden zukünftig autonom agierende und selbstlernende Beschaffungssysteme das nötige Kolorit in die operative Beschaffung bringen.

Treiber für technische Innovationen: In der Beschaffung gab es immer mal wieder technische Innovationen – die letzte (E-Procurement) war bahnbrechend, ist nur leider viele Jahre her. Wir sind allerdings fest davon überzeugt, dass die Einkaufsorganisation ein hohes Innovationspotenzial besitzt. Es muss nur selbstbewusst reaktiviert werden.

 

4. Vernetzungseffekte und -potentiale verstehen – Kollaboration forcieren.

Neben der horizontalen und vertikalen Vernetzung, also der Zusammenarbeit mit externen Partnern und internen Fachabteilungen, muss die Beschaffung auch in eigener Sache netzwerken. Zum einen sollten die Einkäufer den kontinuierlichen Wissensaustausch mit anderen Experten suchen und in enger Interaktion brennende Themen reflektieren. Mögliche Kanäle dafür sind zum Beispiel Communities oder Foren, in denen sich die Mitglieder z.B. über Rohstoffe, neue Technologien, zu aktuellen Trends in der Risikoforschung oder zu grenzen-übergreifenden Zusammenarbeitsmodellen austauschen. Ziel ist es aber auch, neue Formen der Kollaboration zu nutzen, um wichtige Entwicklungen zu kennen und nutzen zu können, sie ins Unternehmen einzubringen und ein stetig wachsendes Innovations- und Wissensnetzwerk aufzubauen. Dies geht natürlich weit über das klassische Muster eines Dokumentenflows hinaus („mein Dokument gegen deines“) – die Kollaboration der Zukunft kennt keine Schwarzweißbilder, sie ist farbenfroh, interaktiv und offen.

 

Wissens- und Innovationsnetzwerk, Vernetzungseffekte

Mission: raus aus der Linearität, rein in die Pluralität! Dies impliziert aber auch, dass die Beschaffung Netzwerke nicht als kontrollierbare Güter mit klaren Kanten versteht, sondern selbst zu einem attraktiven Knotenpunkt darin wird und es organisch wachsen lässt. So können Einkäufer z.B. Open Sourcing Plattformen dazu nutzen, um darüber initiativ Hackathons zu veranstalten bzw. Crowd-Innovation-Prozesse anzustoßen, und zu vorab beschriebenen Problemen aus den Fachabteilungen Lösungen pitchen zu lassen. Einen Schritt weiter gedacht: Beschaffer können auch zu Maklern von Open Innovation werden, indem sie verschiedene Daten aus ihrer Supply Chain verwertbar machen und nach außen vermarkten – intelligente Zulieferer könnten daraus Ideen ableiten, wie sich die Wertschöpfung verbessern lässt. Auch eine attraktive Projekt- und Ressourcenbörse, die durch einen spannenden Blog flankiert wird, könnte ein sinnvolles Element mit hohem Impact sein. Doch eines wird hier sehr schnell klar: Offenheit ist bei alledem natürlich die Grundvoraussetzung.

 

5. Exzellente Mitarbeiter binden und entwickeln – eine Lernkultur fördern.

Die wichtigste Ressource für den erfolgreichen Wandel sind die Mitarbeiter. Gerade in diesem Punkt stellt ein grundlegender Rollenwechsel die Beschaffungsorganisation vor große Herausforderungen – zusätzlich intensiviert durch den demografischen Wandel und einen ohnehin grassierenden Talente-Mangel. Das bisherige Selbstverständnis der Einkäufer, ihre eingespielten Arbeitsabläufe, ihre Kompetenzen und ihr fachliches Wissen müssen justiert werden. Bestehende Mitarbeiter werden sich völlig neue Denkmuster, Skills und ein erweitertes Digitalwissen aneignen müssen – und bei der Suche nach neuen Mitarbeitern muss gezielt auf ein viel umfangreicheres Skillset geachtet werden. Dazu zählen: eine hohe Affinität zu neuen Technologien, die Fähigkeit komplexe Beziehungen zu internen Fachfunktionen und zu Lieferanten synchron managen zu können, sowie hervorragende Softskills im Bereich von Kommunikation und dem Lösen von Problemen im Team. Denn ohne diesen interdisziplinären Austausch, der konstant die Möglichkeiten der Digitalisierung und der eigenen Reife im Unternehmen fachübergreifend analysiert, bleiben die Potenziale der digitalen Wertschöpfung ungenutzt.

Eine ausgeprägte Lernkultur innerhalb der Organisation bildet hierfür eine Basis – gesteuert und forciert durch den CPO (Chief Procurement Officer).

Seine Funktion verändert sich ebenfalls. Er wird zum strategischen Gestalter und Relationship-Builder, eine Art „Sales Officer“ für den Einkauf und unternehmensweiter Apostel des digitalen Wandels. Das selbstverliebte Mantra des knallharten Verhandlungstyps, der jeden Lieferanten bis auf die Knochen bluten lässt, gehört der Geschichte an. Der neue CPO hat erkannt, dass preisaggressive Landed-Cost-Rampen nur augenscheinlich ein Erfolg sind: die Probleme werden in die Fachabteilungen verschoben und dadurch entstehen unterm Strich höhere Inhouse-Kosten. Vielmehr involviert er strategische Lieferanten und entwickelt sie gezielt und partnerschaftlich weiter, die langfristige Wertschöpfung im Blick.

Der CPO hat zudem einen sehr guten Sensus dafür, dass IT-Lösungen und Prozesse nicht mehr für die Ewigkeit gebaut werden – deswegen tauscht er z.B. rechtzeitig Technologien aus, auch wenn sie noch zwei bis drei Generationen ihren Dienst mehr oder weniger erfüllt hätten. Er ist vor allem auch Re-Inventor und Innovationsscout – und fokussiert sich auf den Einkauf für dynamische Veränderungen im Unternehmen und am Markt. Auch er muss dazu lernen: Führungskräfte tendieren dazu, Mitarbeiter zu präferieren, die ihnen ähnlich sind. Dieses Ähnlichkeitsprinzip ist aber eines der größten Risiken für die Beschaffung – und damit für die gesamte Organisation. Gefragt sind hingegen facettenreiche, kantige, vorausschauende, kritische und eigenständige Talente für das gesamte Farbspektrum der neuen Beschaffungsorganisation. Und diese lassen sich gerade durch die veränderte Rolle der Beschaffung anziehen und binden – der Einkauf wird plötzlich sexy.

 

III. Entwicklungshorizont der Beschaffungsorganisation.

 

Entwicklungshorizont der Beschaffungsorganisation

Wie sollte sich die Beschaffung nun konkret weiterentwickeln – und an welchen Stellen muss sie zukünftig Mehrwert generieren? Wichtig ist, in einer Abfolge von Reifegraden zu denken, die sich wiederum an der digitalen Reife des Kerngeschäftes orientieren. Der Einkauf klassischer Provenienz wird natürlich weiterhin wichtig bleiben, um das Standardgeschäft abzusichern. Er wird aber langfristig zu einem nostalgischen Museum des „So-war-es-früher-einmal“.

Läuft das Standardgeschäft, sollte parallel dazu eine Infrastruktur geschaffen werden, um für digitale Kunden über alle Kanäle erreichbar zu sein. Das bedeutet, sein Geschäftsmodell an eigene oder externe Plattformen anzubinden. Dies ist allerdings ein Ritt auf der Rasierklinge: es muss zwischen der Verteidigung der eigenen Marke und den Interessen global operierender Digitalplattformen abgewogen werden. Sicherlich ein Prozess mit enormer Reibung – aber auch mit großen Chancen für Anbieter und Produkte, die einen echten Mehrwert offerieren. Ein klug austariertes Partnerschaftsmodell kann an dieser Stelle durchaus effizienter sein als der meist hoffnungslose Versuch, ein eigenes Weltimperium von Plattformen zu entwickeln. Umso wichtiger wird die Prozesseffizienz und Geschwindigkeit. Denn ein Schnarchen auf dieser Supply Chain wird durch das gnadenlose Vergrößerungsglas namens Plattform millionenfach verstärkt und bestraft. Die Beschaffung ist auch hier gefordert, sich sehr tief einzubringen, um individuelle Lösungen zu erarbeiten – denn die perfekte Plattformkonstellation gibt es nicht von der Stange.

Wurde das eigene Geschäftsmodell an digitale Plattformen angebunden, sollte rund um die Bedürfnisse des Kunden ein Ökosystem aus erweiterten (digitalen) Services und Dienstleistungen aufgebaut werden. Hier verlässt das Unternehmen den Pfad der Alleinherrschaftsdenke und begibt sich in ein vielseitiges Kollaborationsmodell mit anderen Anbietern, um die Kundenwünsche vollumfänglich bedienen zu können und die Customer Experience zu steigern. Das sind in der Regel ergänzende Mehrwertdienste, wie z.B. individuell zugeschnittene Finanzierungs- und Versicherungsprodukte, oder völlig neue Geschäftsmodelle außerhalb der eigentlichen Kernkompetenz. Gerade hier ist das Innovations-Scouting der Beschaffung gefragt. Dafür muss sie noch viel tiefer in die Kundenwelt eintauchen, noch besser existente Kundenbedürfnisse und -probleme erkennen – zum Beispiel über Design-Thinking-Techniken. Daraus lassen sich sehr konkrete Lösungsbeiträge definieren und idealerweise eine Reihe von hochskalierbaren neuen Geschäftsmodellen entwerfen.

Kommen wir nun zur zukünftigen Königsdisziplin: den Lifecycle zu bedienen, also der Weg vom Produktversprechen zum konstant erlebbaren Mehrwert einer Servicemarke. Jetzt geht es darum, die Kundenwünsche nicht nur zu kennen, sondern neue Bedürfnisse zu antizipieren und zum richtigen Zeitpunkt anzubieten. Wie lässt sich das bewerkstelligen? Zunächst muss der Kontext und die konkrete Situation der Kunden möglichst genau – also datengetrieben – erfasst und verfolgt werden. Aus diesen Daten lassen sich Wahrscheinlichkeitsmuster für Bedarfe erkennen und konkrete Lösungen (Services / Produkte) ableiten, die dann passgenau den Kunden angeboten werden. Diese Angebote müssen dann kontinuierlich getrackt und optimiert werden: was ist dem Kunden wirklich wichtig? Fehler, Probleme und Ausfälle werden in Echtzeit erkannt und behoben. Auch die Komplexität sollte im weiteren Verlauf immer weiter reduziert werden, also z.B. die Auswahl an Kombinationen und Zahlvarianten.

Dies ist sowohl strategisch als auch in Bezug auf die Supply-Chain-Steuerung die schwierigste und wichtigste Aufgabe der kommenden Dekade: sie beantwortet die Frage, was das Unternehmen für den Kunden in Zukunft sein möchte.

 

IV. Roadmap für die Transformation der Beschaffung.

Um die Transformation der Beschaffung strukturiert und substantiell auf den Weg zu bringen, bietet sich eine perspektivische Roadmap an. Eine solche Landkarte dient der Orientierung – beinhaltet aber natürlich nicht alle Eventualitäten des Businesslebens. Es ist die Abstraktion eines operativen Plans, um über eine gemeinsame Lernagenda zusammen mit den Business-Entitäten Mittel und Zwecke angemessen zu verbinden. In jeder Stufe soll der beabsichtigte Lerneffekt bewirkt werden, ohne dabei finanzielle Ressourcen zu verbrennen.

Auf dieser Journey wird die Kultur der Organisation sehr ernst genommen: die Mitarbeiter müssen für den Wandel sensibilisiert und mitgenommen werden. Es kommt darauf an, zielgerichtet und klar eine Sequenz von Schritten zu setzen und messbare Fortschritte zu initiieren, statt eines behäbigen Abwartens. Tempo ist gefragt – das geflügelte Sprichwort „wenn du es eilig hast, dann gehe langsam“ gilt hier keinesfalls.

So gut wir auch den Aufbruch in die „Digital Value Economy“ vorbereiten, es wird ein teilweise sehr steiniger Weg. Bei einem solch unbekannten Terrain werden hoch gesteckte Ziele wahrscheinlich an vielen Stellen auf Irrtümer bauen. Die Zuversicht der Mannschaft und der Glaube an eine klare Vision werden aber größer sein als eine planlose Selbstaufgabe. Umso wichtiger werden eine sensible Terrainsondierung und eine klar abgesteckte Route. Ein Beispiel dafür:

Bsp. Roadmap für die Transformation der Beschaffung

V. Wir unterstützen Sie als Spezialisten für Veränderungssituationen.

Als Veränderungsspezialisten begleiten wir sowohl Blue Chips als auch mittelständische Unternehmen bei der digitalen und agilen Transformation – als Vordenker, Impulsgeber und Umsetzer. Dabei steht unsere Maxime „enabling digital value economy“ im Vordergrund. Profitieren auch Sie von unserem Know-how aus zahlreichen Digitalisierungs-Projekten, unserem starken Experten- und Innovationsnetzwerk – und unserem Zugang zu herausragenden Digitaltalenten.

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