Wenn, wie im Teil 1 aufgezeigt, Megatrends nicht die Lösung der anstehenden Herausforderungen an sich darstellen, sondern lediglich eine zukunftsweisende Planungsgrundlage für die dann individuellen, unternehmens- wie branchenüblichen und/oder regionalen Lösungsansätze der Arbeitswelt der Zukunft sind, hat die daraus resultierende Konsequenz auch für die regionale Politik (und deren öffentlichen Sektor) sowie für die regionalen Interessenvertretungen und Kammern eine besondere Bedeutung: Sie haben schlicht und einfach für den ordnungspolitischen Rahmen zu sorgen – zukunftsorientiert – der wirtschaftliches Handeln dort erst möglich macht . Der demographische Wandel ist insgesamt für die Kommunen eine Herausforderung, da sie als Wirtschaftsstandort miteinander konkurrieren. Und das in mehrerer Hinsicht:
a) Es geht um Steuereinnahmen, die
b) Investitionen ermöglichen sollen, um
c) damit ordnungspolitische Maßnahmen und
d) investitionsfördernde Anreize
e) sowie eine hinreichende Versorgung für
f) Unternehmen wie Bevölkerung und
g) ein geeignetes Umfeld für Leben und Arbeit zu schaffen. Auch unter der Beachtung dessen, was die Digitalisierung erfordert.[1]
h) Die daraus fließenden Steuereinnahmen sollten haushaltsdeckend sein…
Der letzte Punkt ist für die Kommunen, Länder und den Bund schon als illusorisch einzustufen. Die allerwenigsten öffentlichen Kassen arbeiten auch nur kostenneutral. So werden bis 2020 allein über 300 Milliarden Euro an seit der Wiedervereinigung nicht getätigten Pensionsrückstellungen für Beamte fällig werden. Diese wurden nicht sofort zurückgestellt, weil man glaubte, diese in Zukunft durch erhöhte Steuereinnahmen nachträglich begleichen zu können. Also ein gutes Beispiel dafür, wie ein vorausschauendes Verhalten nicht aussehen sollte. Mit Folgen, die exakt zu dem Zeitpunkt (auch finanzpolitisch) wirksam werden, wo der demographische Wandel Investitionen nötig macht. Also zu einem Zeitpunkt, wo die Kassen jetzt schon leer sind, Strukturinvestitionen notwendig werden, kommen Altlasten hinzu, die diese fast unmöglich machen werden.
Mit anderen Worten: Unternehmen wie Bevölkerung werden allein dastehen! Wie sich das konkret auswirken wird, ist abhängig vom dann erreichten Verschuldungsgrad des öffentlichen Gemeinwesens.
Warum ist das wichtig?
Weil sich daraus zwei Dimensionen entwickeln, die für die Arbeitswelt der Zukunft entscheidend mitgestaltend sind.
A.) Die Unterstützungsfunktion
Weil Arbeit, auch die Arbeit der Zukunft, nicht im luftleeren Raum stattfindet, sondern immer in sozialen Umfeldern, in denen der Mensch neben der Arbeit auch leben können muss. Um Letzteres zu können, braucht er eine wohnortnahe hinreichende (öffentliche) Versorgung seiner Familie. Bildung, medizinische Versorgung, Energie, Verkehrsanbindung und Einkaufsmöglichkeiten gehören grundlegend dazu; andere Aspekte, wie beispielsweise der Freizeitwert, kommen zusätzlich hinzu.[2]
Da nun Standorte miteinander konkurrieren, ist die Frage einfach zu beantworten, wer wohin geht, wenn der eine Standort weniger zu bieten hat als der andere. Die Forderungen der Wirtschaft dazu sind oft und genau definiert worden.[3] Das werden Unternehmen für ihre Investitionsentscheidung so sehen, und dann auch die Mitarbeiter, wenn sie sich für einen neuen Arbeitgeber entscheiden müssen. Auch aus schon bestehenden Beschäftigungsverhältnissen heraus. Mitarbeiterbindung – neudeutsch: employer branding – wird auch hiervon abhängen; selbst dann wenn das Unternehmen alles tut, um ein mitarbeiterfreundliches Klima zu schaffen. Wenn der außerbetriebliche Rahmen nicht stimmt, bricht die Belegschaft letztlich dennoch weg – und nimmt mitunter auch Umsätze mit.[4]
Die Arbeitswelt der Zukunft braucht, neben unternehmensinternen Maßnahmen, auch einen stimmigen kommunalen Rahmen. Und dieser ist vielerorts schon jetzt nicht mehr alles andere als stimmig! Gerade KMUs haben durch ihre oft gute kommunale Einbindung mit genau diesen Tendenzen schon jetzt zu kämpfen. Vielerorts bricht die Zahl der möglichen Azubis weg, geeignete Bewerber sind vor Ort nicht mehr zu finden und/oder diese ziehen schon jetzt andere Standorte vor. In Mitteldeutschland, entlang der A4, ist das schon sehr deutlich zu beobachten. Städte – ganze Regionen – vergreisen. Bevölkerungsverluste von 1-2% jährlich sind fast schon normal.
Das hat Auswirkungen auf die Infrastruktur: Schulen werden zusammengelegt, Krankenhäuser geschlossen, Supermärkte werden seltener und der Nahverkehr kommt nicht mehr ganz so oft vorbei. Arztgänge werden zur Tagesaufgabe, weil es kaum noch niedergelassene Ärzte gibt. Und wo es sie gibt, gibt es Warteschlangen auf Termine! Das ist kaum ein Umfeld, in dem man sich 45 Beitragsjahre erarbeiten kann, denn es ist abzusehen, dass sich mit der erhöhenden Lebensarbeitszeit auch Auswirkungen auf die Gesundheit abzeichnen werden. Der Verschleiß wird wieder größer. Ein Aspekt, der die Future Workforce Planung eines jeden Unternehmens betreffen wird. In 10 Jahren werden 50% der Mitarbeiter über 50 Jahre alt sein. Tendenz stark steigend. Kein Unternehmen wird es sich leisten können, Mitarbeiter für das Ausstellen eines einfachen Rezeptes für einen ganzen Tag zu verlieren, zumal sich auch altersbedingte Produktivitätsverluste einstellen werden. Irgendwo wird es dann selbst für auftragsmäßig ausgelastete Unternehmen zu einer Existenzfrage: zu bleiben oder zu gehen. Mit all den Folgen für die Kommune – oder die Region an sich.
Jedes Geschäft, jede Branche benötigt zur Existenz einen gewissen Kundenrahmen. Also eine ständige Nachfrage nach einer Kernleistung. So rechnet sich keine Automobilproduktion für 200.000 Menschen aber auch kein Frisiersalon für 100. Darüber hinaus gibt es für jedes Unternehmen einer jeden Branche eine mindestoptimale Betriebsgröße. Wird sie unterschritten, rechnet sich die Produktion nicht mehr. Viele Betriebe können nicht mehr wirtschaftlich arbeiten, wenn die Bevölkerungsdichte abnimmt. Schlimmer noch: es gibt Unternehmen, die sich erst ansiedeln, wenn andere Unternehmen schon vor Ort sind, oder solange die Bevölkerungsdichte Anlass dazu gibt, die eigene Belegschaft aus ihr rekrutieren zu können. Dauerhaft.
Die Digitalisierung kann hier unterstützend eingreifen, denn sie wird langfristig Arbeitsplätze abbauen. Gerade in kognitiven Berufen. Doch damit das funktionieren kann, werden noch einige technische Lösungen nötig werden; z.B. künstliche Intelligenz.
Ergo ist das jetzt nicht als Planungsgröße bestimmbar, in wie weit es helfen wird die Future Workforce daraufhin aufzubauen.[5]
Damit wird schon schnell klar, dass manche Regionen, die schon jetzt unter Abwanderung leiden, nie wieder hochkommen können, da zyklische Entwicklungsprozesse im regionalen Umfeld weggebrochen sind. Der demographische Wandel auf nationaler Ebene wird eben auch diesen Trend verstärken. Es wird Gewinner und Verlierer geben. Einige Kommunen und Regionen, die zusätzliche Prosperität erzielen (z.B. Köln mit 20% plus, Hamburg und München); und wesentlich mehr Kommunen und Regionen, die zusätzliche Wirtschaftskraft und Attraktivität verlieren (z.B.: Bochum, Gelsenkirchen und Eisenach). Andere werden (wirtschaftlich) völlig untergehen..
Warum ist das für KMUs wichtig?
Weil sie als erste betroffen sind und oft nicht die personellen Ressourcen haben, diesen bevorstehenden Wandel vollumfänglich zu erfassen. Manchmal haben sie auch gar nicht das Zahlenwerk, das es ermöglicht, sich ein Bild vom Standort und seiner demographischen Entwicklung zu machen. Man bemerkt den Wandel oft erst, wenn die Bewerbungen ausgewertet werden und/oder plötzlich wegbrechen. Oder die Qualität der Bewerber zunehmend schlechter wird. Dann ist es aber in der Regel schon “kurz vor Zwölf”. Eigentlich zu spät… Daher sind Megatrends auch eine verlässliche Planungsgröße. Sie basieren auf schon länger stattfindenden Entwicklungen und zeigen daher empirisch fundiert langfristige Trends auf.[6]
Daraus ergibt sich eine Verantwortung der Kommunen und Kreise gegenüber ihren örtlichen Unternehmen: Das Aufzeigen der demographischen Entwicklung und der direkte Dialog. Unterstützt werden sollte dieser Gedanke grundsätzlich durch die örtlichen Kammern (IHK, Handwerk, Ärztekammer, …), die über sehr genaue Daten verfügen. Auch die öffentlichen Kreditinstitute (Sparkassen!) haben hier exakte Daten für ihr Geschäftsgebiet. Und warum sie das tun sollten, ist auch klar: Wenn ihr Standort zum Pflegefall eben dieses demographischen Wandels wird, die hier befindlichen Unternehmen sich nicht rechtzeitig für die Arbeitswelt der Zukunft wappnen, werden auch sie zu den Verlierern zählen. Zu Fusionspartnern auf der Juniorseite…
Doch was können Kammern und Verbände tun?
Das, was die IHKs und Verbände schon immer ausgezeichnet hat: Lehrgänge, Seminare und Infotage anzubieten. Proaktiv. Nicht immer nur mit Trendthemen (momentan z.B. Recruiting), sondern auch mit Themen, die längerfristig relevant werden, ganzheitlich betrachtet werden, um somit auch den Hintergrund aufbereiten, der zur hinreichenden Entscheidungsfindung ihrer Unternehmen relevant ist. Letztlich: mit ihrer Kompetenz, ihrem Gesamtblick auf die Entwicklung und ihren Ressourcen die KMUs unterstützen und somit durch diese selbst nicht leistbare aber notwendige Themen bearbeiten oder vorbereiten. Fachwissen vermitteln und Expertise vorhalten. Mitunter auch für die Kommunen, die nur allzu oft die “Trägheit in Verbindung mit der Hoffnung auf Besserung” zur Maxime gemacht haben. Nur so sind beispielsweise die fehlenden o.g. Pensionsrückstellungen für Beamte zu erklären…
Daher kann der Motor für die notwendigen und anzustoßenden Maßnahmen zur Organisationsentwicklung für die Future Work nicht von den Kommunen und Kreisen zu erwarten sein. Eher müssen diese angestoßen werden, etwas (mit) zu tun. Und auch das ist nicht selbstlos, denn die Unternehmen brauchen ein intaktes, belastbares und gut aufgestelltes Umfeld, damit ihr Standort weiter produktionstauglich ist. Mitarbeiterfreundlich und zukunftssicher. Es ist Voraussetzung dafür, damit der Mittelstand seine Funktion als Beschäftigungsmotor und Innovationstreiber weiter erfüllen kann. Damit “Hidden Champions” weiter Marktführer bleiben können – wie es beispielsweise Mennekes, die Fuchs KG und andere im Sauerland erfolgreich vorgemacht haben. Als Stützen ihrer kommunalen Umgebung.[7]
Wie das auch anders aussehen kann, zeigt das Beispiel Dual in St. Georgen im Schwarzwald. Gerade Randlagen sind für den demographischen Wandel besonders exponiert. Sie werden sehr wahrscheinlich überdurchschnittlich verlieren, wenn nicht schon jetzt Maßnahmen ergriffen werden, diese Tendenz zumindest zu verlangsamen. Eigentlich ist alles da, was zur Planung, Konzeption und Umsetzung der Future Work vor Ort gebraucht wird. Manchmal ist es auch nur ein Impuls, der fehlt. Ein Vortrag, ein Seminar oder ein Infotag, um etwas anzustoßen, was gerne im Tagesgeschäft verdrängt, vergessen oder schlicht übersehen wird. Gerade wenn es um Themen geht, die erst auf “so lange Sicht” relevant werden. Auch notwendige Vorprojekte sind schon aufwändig.
Und eine Organisationsentwicklung anzufassen, die jetzt wirtschaftlich vielleicht noch nicht drückt, ist mehr als nur eine Investitionsentscheidung. Denn sie kostet erst einmal Geld. Aber ist das nicht immer so? Doch wenn etwas abzusehen ist, dann mit Sicherheit, dass das Thema eher früher als später zu einem öffentlichen Thema werden wird, das sich dann dynamisch – und nicht immer sachlich – weiterentwickeln wird. Und das wird am Zaun des Unternehmens nicht haltmachen, da die zu stemmenden Herausforderungen auch zu Umverteilungen führen werden; wie jede gesellschaftliche Entwicklung Gewinner und Verlierer hervorbringen wird. Sich hier als Unternehmen gegenüber Mitarbeitern und Umfeld rechtzeitig und kompetent zu positionieren, wird erfolgskritisch sein.
Im Fokus dieser Betrachtung ist es doch relativ einfach, den Entscheidungsträgern schon jetzt das Thema in seiner umfänglichen Dimension näherzubringen, weil es sonst im Alltagsgeschäft unterzugehen droht – eben weil es sich mitunter so entwickelt, dass die Folgen für viele Unternehmen jetzt nicht sichtbar sind. Damit kommt der Präsentation von Informationen für das HRM aus der relevanten Unternehmensumwelt eine entscheidende Bedeutung zu. Diese Daten, verbunden mit den maßgeblichen Megatrends und den ganzheitlichen Wirkungszusammenhängen des demographischen Wandels auf regionaler Ebene, zeigen erst die ergebnisrelevante Bedeutung für das HRM der KMUs auf. Dieses wird dann zunehmend zur erfolgskritischen Größe im Management der neuen Engpassressource: dem Menschen.
Diese Aufgabe wird zur Hauptverantwortung der Kammern und Verbände werden. Auch wenn Unternehmen immer gern den Nutzen und die Sinnhaftigkeit von IHKs hinterfragen, wäre hier (wieder einmal!) ein Ansatz ihnen zu zeigen, warum sie wichtig sind. Als die, die den Wald noch sehen. Nicht nur Einzelbäume… Oder: Relevante Megatrends identifizieren können, die langfristig Unternehmen tangieren werden, anstatt Symptomen und Modetrends hinterher zu hecheln. Die Arbeitswelt der Zukunft ist nicht nur dem Namen nach ein Projekt, das in die Zukunft hineinreicht. Für viele Unternehmen wird es zur Frage nach der Zukunft des Unternehmens werden. Und damit für viele Kommunen zur Existenzfrage an sich.
Future Work ist nur in einem gemeinschaftlichen Rahmen zu lösen, der gemeinsam abgesteckt werden muss, der gemeinsam bearbeitet werden muss und der letztlich für alle gemeinsam zum Erfolg oder Misserfolg führen wird. Unsere Unternehmen, unsere Mitarbeiter, unsere Mitglieder und unsere Bürger sitzen hier alle im selben Boot. Und das kommt zunehmend in raues Wasser…
B.) Die Eigenproblematik
Future Work wird in ein paar Jahren zunehmend auch für Kommunen, Kammern und Verbände ein Problem werden. Denn man wird selbst Mitarbeiter brauchen. Nur kommt man aus einem mehr oder weniger durch Steueraufkommen und Kammer- und Verbandsbeiträge abhängigen Umfeld. Aus einem Umfeld, das durch die alimentiert wird, die es aus wirtschaftlicher Sicht erarbeitet haben. Also durch die Unternehmen und die dort Beschäftigten. Erst ihr Steuer- und Abgabenaufkommen schafft die Haushalte, mit der dann Kommunen, Kreise, Kammern und Verbände arbeiten können. Also selbst Personal aufbauen, ausbilden und letztlich bezahlen können. Und das dann in Konkurrenz zu eben der (lokalen) Wirtschaft.
1.) Der öffentliche Dienst
Hier werden zwei Probleme auftreten, an die bisher niemand ganzheitlich gedacht hat. Einerseits hat der öffentliche Dienst, trotz Nullrunden, im Vergleich zur Privatwirtschaft in den letzten Jahren real mehr bekommen – und das in einem abgesicherten – unkündbaren – Beschäftigungsverhältnis. Ein Umstand, der in der globalisierten Wirtschaft und ihren Auswirkungen nicht ohne Neid wahrgenommen wurde. Dass dieser Neid sich auch auf die Altersversorgung erstreckt, ist folgerichtig, zumal die Beamten finanziell nichts selbst dazu beigetragen haben. Eine Diskussion, ob ihre Dienstleistung dies vollumfänglich mitumfasst, soll an dieser Stelle nicht geführt werden. Nur so viel: Der Diensteid umfasst auch die Formulierung “treu zu dienen”. Dieser Passus beinhaltet, dass die Beamtenschaft dazu verpflichtet ist, Haushalte vorzulegen, die ihre Vollversorgung im Hinblick auf ihre Altersversorgung mit abdeckt. Auch dann, wenn dazu dann Haushaltskürzungen in anderen Funktionsbereichen zu Lasten der Bürger gehen. Das würde der Wahrheitspflicht entsprechen.
Die offenen Pensionsrückstellungen, samt nachträglicher Verzinsung, schweben aber wie ein Damoklesschwert über den Kommunen. Besonders in dem Zeitraum, wo existenzielle Investitionen nötig sein werden. Auch in altersgerechte kommunale Infrastrukturen, die dann auch die lokale Wirtschaft benötigt, sowie kostengünstige öffentliche Versorgungsleistungen (Stadtwerke!). Letztere wurden in den zurückliegenden Jahrzehnten zunehmend über die Preisgestaltung zur Haushaltssanierung bzw. -deckung so herangezogen, dass Gerichte diese Preisbildung regeln mussten.
In der Wahrnehmung als Arbeitgeber werden Kommunen und der öffentliche Dienst insgesamt stark im Image als sicherer Arbeitgeber abfallen. Zum einem werden sie mit viel (!) weniger Personal für eher weiter ansteigende Verwaltungsaufgaben auskommen müssen, die Verärgerung der Bürger über absinkende Serviceleistungen erdulden und darüber hinaus ein Image haben, das momentan eher Banker haben. Also viel mehr arbeiten, bei weniger Geld und absolut schlechtem Image. Und frustrierte Bürger als alleinige Dauerkunden. Über steigende Gehälter wird man eher weniger hören, da diese nicht zu finanzieren und letztlich politisch nicht durchzusetzen sind. Das wird öffentliche Arbeitgeber im Gerangel um Talente in knapper werdenden Personalquantitäten vermutlich als Verlierer dastehen lassen. Sie werden schlicht nicht mehr mithalten können, auch wenn sie sich momentan einer Beliebtheit erfreuen. Eben WEIL sie unkündbare Beschäftigungsverhältnisse mit 08/15-Charakter anbieten! Also einer umfänglichen, geregelten Work-Life-Balance mit gutem Gehalt – Immer im Vergleich zur Wirtschaft und den dort gängigen Arbeitsumfeldern zu sehen..
Was sagen die Megatrends dazu?
Gar nichts!
Weil dieses sich abzeichnende Desaster öffentlich nicht diskutiert wird und daher seit Jahren keinen Effekt in der Gesellschaft auslösen konnte. Vermutlich gedenkt die Politik, die an große Zahlen gewöhnte Öffentlichkeit zur gegebenen Zeit mit zu beschließenden Schattenhaushalten täuschen zu können. Ein Indiz dafür mag der Umstand sein, dass Politiker bis zu 2/3 aus der Beamtenschaft kommen. Es ist nur fraglich, ob das dem Volkszorn zu diesem Zeitpunkt dann tatsächlich noch entgeht. Auch das soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden, aber Griechenland ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich was auswirken kann, wenn Missstände (und politischer Opportunismus…) zu offensichtlich werden.
Doch egal wie die Wahrnehmung ist, Fakt ist, dass die öffentliche Hand zu einer Zeit zum Buhmann werden wird, wo man sie spätestens als Partner (!) braucht. Und hier ist die Institution gemeint. Nicht die dort jetzt Beschäftigten. Es kann durchaus sinnvoll sein, schon jetzt über aktuelle Beschäftigungsverhältnisse gründlich nachzudenken, um das sich abzeichnende Haushalts- und Aufgabendilemma schon proaktiv zu entschärfen. Die Arbeitswelt der Zukunft braucht nicht unbedingt verbeamtete Lehrer, IT-Fachleute, Hausmeister und Katasteramtsangehörige. Verbeamtung kann auf hoheitliche Aufgaben beschränkt werden. Rigoros definierte hoheitliche Aufgaben. Eine Frühpensionierung und Wiedereinstellung als Angestellte mag schon jetzt zu einer entsprechenden Haushaltsklarheit beitragen, die auch den Kommunen hilft sich auf die Future Work vorzubereiten. Auch wenn es schmerzen wird.
2.) Kammern und Verbände
Diese aus dem Mitgliedsaufkommen finanzierten Institutionen arbeiten schon jetzt zum Teil in Doppelfunktionen. Manager, Eigentümer und Mitarbeiter aus den angeschlossenen Unternehmen arbeiten in Zweitfunktion in der Aufgabenwahrnehmung mit. Referenten und Seminarausrichter sind bloß als freie Angestellte oder als Subunternehmer eingebunden. Kostenstrukturen sind also schon jetzt optimiert. Nur die Geschäftsführeraufgaben und der notwendige Organisations- und Funktionsstab sind fest angestellt. Allein schon um die ihnen gesetzlich auferlegten Aufgaben (z.B.: statistische Erhebungen) leisten zu können. Damit werden diese Institutionen auch in Zukunft weiter auf fest angestelltes Personal angewiesen sein, das sich dann auch aus den zukünftigen Beiträgen der Mitglieder finanzieren muss.
Daher werden wohl im Rahmen der Future Work auch hier weitere Funktionalitäten aus den Unternehmen heraus realisiert werden müssen. Durch Abstellungen, spezielle Aufgabenübernahmen und/oder durch Ausschreibung an spezialisierte Dienstleister. Somit ist die Wahrnehmung der Informationsfunktion und -bereitstellung für die Wirtschaft ein wesentliches Element, auch für sich selbst eine bessere, zukunftsorientierte Arbeitswelt zu finden. Durch die schon jetzt eng verzahnte Einbindung der Manager in die Arbeit, ist hier auch schon zum Teil eine Informationsfunktion gegeben. Diese muss aber in Anbetracht des schwächelnden öffentlichen Partners wesentlich intensiviert werden.
Somit ist für Kammern und Verbände eine eher sinnhaftere Kommunikation und Information zum Thema Future Work entscheidend. Ihre Positionierung als kompetenter Servicepartner und Know-How-Träger in Sachen Future Work. Auch als Stabsstelle für die regionale / kommunale Koordination aller zielgerichteten, ganzheitlichen Anstrengungen. Gelingt das, ist die Personalfrage hier eher hintergründig von Belang. Eine gute, verifizierbare Leistung wird entsprechend adäquate Personalausstattung mit sich bringen. Aus Eigeninteresse der Unternehmen. Ein Effekt, auf den Kommunen nicht hoffen dürfen. Weder bei Unternehmen und schon gar nicht bei den Bürgern, für die sie eigentlich hätten arbeiten sollen…
Fazit
Die Megatrends sind mit Masse an den zukünftigen kommunalen Herausforderungen vorbeigegangen, wenn sie diese überhaupt betroffen haben. Durch die konsequente Negation von Schieflagen, Schaffung von Schattenhaushalten,Verkauf von Tafelsilber (z.B.: Kanalisation!) einer stillschweigenden Selbstbedienungspolitik von der mit der Politik verzahnten Beamtenschaft haben sich Strukturen ergeben, von denen die Gesellschaft bisher unberührt geblieben ist. Wenn man mal von desaströsen öffentlichen Bauprojekten absieht, die sich nicht mehr vertuschen ließen (Flughafen Berlin, Oper und U-Bahn Köln, Elbphilharmonie Hamburg…).
Doch werden kommunale Strukturen massiv von der Arbeitswelt beeinflusst werden oder diese selbst beeinflussen.
Durch die Bereitstellung für den demographischen Wandel geeigneter Infrastrukturen und adäquaten öffentlichen Services zu angemessenen Preisen, werden fundamental wichtige Rahmenbedingungen gegeben, damit der Motor der deutschen Wirtschaft, der Mittelstand, auch in Zukunft standortoptimierte Bedingungen vorfindet; vorfinden kann. Dies ist aber angesichts der schon jetzt leeren Kassen, einem nicht zu erkennenden zukunftsgerichteten Planungsverhalten und blindem “Optimismus auf Besserung von wo auch immer” eher unwahrscheinlich. Daher bedarf die kommunale Einbindung einer besonderen Initiative und Impulses, soweit sie nicht schon jetzt diesen demographischen Wandel zu spüren bekommt.
Solche schon jetzt betroffenen Kommunen, Kreise, Regionen könnten als Lehrbuchbeispiel angesehen werden, wie es vielen anderen gehen wird, wenn der demographische Wandel eingetreten ist. Die Wirtschafts- und Interessenverbände sowie die Kammern haben in diesem Zusammenhang neben ihren üblichen Verpflichtungen auch die Aufgabe, ihre regionale Wirtschaftsumwelt auf eben diese demographischen Veränderungen hin zu analysieren, Kompetenz aufzubauen und ihre Mitglieder umfassend zu informieren. Ob sie hierbei den Impulsgeber, eine schulende weiterbildende Funktion oder aber eine koordinierende Aufgabe haben sollen, ist von vielen örtlichen Faktoren abhängig.[8]
Individuelle Herangehensweisen wird es hier geben. Manche werden hinreichend sein, andere weniger. Doch schon jetzt sind viele IHKs erkennbar an dem Thema dran, denn aus der Wirtschaft kommt schon etwas hoch, was alle zunehmend tangiert: der Fachkräftemangel. Zu wenige sind hinreichend qualifiziert oder Willens dahin zu gehen, wo sie gebraucht werden, während andere, die die Stützen in den Betrieben sind, zunehmend in das Alter kommen, gehen zu müssen – und zu wollen. Letzteres haben sie sich verdient, doch verschärft dies das Problem, da immer weniger nachkommt.[9]
Und noch eines wird sich daher wandeln: Das Bewusstsein derer, die nun immer länger arbeiten müssen. Auch das wird sich in den nächsten zehn Jahren weiter entwickeln und die zugehörigen Megatrends weiter differenzieren und ausprägen.
Naisbitt: “Megatrends (…are) large social, economic, political, and technological changes (…), they influence us for some time – between seven and ten years, or longer.”[10]
Es wird aber neue Megatrends geben, die sich jetzt erst beginnen zu entwickeln. Einer wird mit Sicherheit damit zu tun haben, wie wir unser Leben begreifen werden, wenn die Notwendigkeit besteht, immer länger arbeiten zu müssen, um ein Gemeinwesen zu erhalten, dass diese Notwendigkeit in seinen individuellen und harten Auswirkungen ständig kleinredet, sogar negiert und/oder nicht ganzheitlich sehen will. Sie sogar zu Themen der tagespolitischen Sympathiegewinnung und Wahlkampfversprechen nutzt – entgegen besseren Wissens.[11]
Die Messe “Zukunft Personal” in Köln hat 2015 klar aufgezeigt, dass allein die Kosten in der Schweiz für die Bewältigung gesundheitliche Folgen in der Wirtschaft ca. 5 Milliarden ausgemacht haben. Nur hat die Schweiz knapp acht Millionen Einwohner, wir aber 80! Und über die alternden Belegschaften war diesbezüglich an keinem Stand etwas zu hören!
45 Beitragsjahre (nach momentaner Lesart) werden eben nicht immer mit 63 erreicht. Eine lückenlose, sozialversicherungsrelevante Beschäftigungsvita, akademische Ausbildung und andere Punkte machen einen abschlaglosen Renteneintritt erst später möglich. Viel später… Das kann jeder für sich selbst ausrechnen.[12]
Auch dieser Aspekt muss in kommunalen Umfeldern und Planungsvorhaben bedacht sein.
Für KMUs wie auch für die Gesamtwirtschaft bedeutet das, dass aktuelle Arbeitsmodelle so in Zukunft nicht mehr greifen werden, dass die reale Umwelt sich diesem neuen und erst zu erstellendem Modell anpassen muss. Allein schon versorgungstechnisch. Und das geht nur, wenn Arbeitsplatz, Lebensmittelpunkt und kommunaler Rahmen zusammen eben diesen Gesamtrahmen abbilden. Ungeschönt – aber optimiert im Rahmen dessen, was (auch) Digitalisierung ermöglichen kann. Im Rahmen der Möglichkeiten, die man jetzt noch realisierbar sind, oder die man in den nächsten Jahren gemeinsam noch gestalten kann. Ein Unterschied zu tollen akademischen Ideen vom grünen Tisch, SciFi anmutenden Szenarien und dem bloßem Wunschoptimismus des “Besserwerdens”. Oder gar einer bloßen Vision von Digitalisierung, die das sowieso regeln wird. Denn das wird sie nicht. Im Gegenteil: sie schafft nur neue Gewinner und Verlierer, wie der demographische Wandel an sich. Und nur zusammen werden sie zu einer Lösung. Gerade für Kommunen.
“Die Zukunft beginnt JETZT!”[13]
Quellen:
[1] Vgl. Rauschenberger, Sascha (2014): “Die Stadtverwaltung 4.0 – Teil 1: Konsequente Serviceorientierung für Bürger und Wirtschaft im demographischen Wandel durch Digitalisierung” (Conplore Magazine)
[2] Vgl. Rauschenberger, Sascha (2015): “Future Work und Mobilität im demografischen Wandel: Mögliche Standortnachteile für die Wirtschaft” (Conplore Magazine)
[3] Vgl. Rauschenberger, Sascha (2014): “Die Stadtverwaltung 4.0 – Teil 2: Forderungen der Wirtschaft in Zeiten des demographischen Wandels und der Digitalisierung” (Conplore Magazine)
[4] Vgl. Norbert Rohloff / Sascha Rauschenberger (2015): “Joint Future Work und Marketing: Die Gefahren einer getrennten Vertriebs- und Personalstrategie für Umsatz und Personalbedarfsdeckung” (Conplore Magazine)
[5] Vgl. Rauschenberger, Sascha (2014): “Joint Future Work und Digitalisierung: Chance für den demographischen Wandel – Gedanken zur Umsetzung” (Conplore Magazine)
[6] Vgl. Future Business Consulting (2014): “Definition Joint Future Work” (Future Business Consulting)
[7] Vgl. Rauschenberger, Sascha (2014): “Die Stadtverwaltung 4.0 – Teil 2: Forderungen der Wirtschaft in Zeiten des demographischen Wandels und der Digitalisierung” (Conplore Magazine)
[8] Vgl. Rauschenberger, Sascha (2014): “Demografischer Wandel und Future Work: Eine gesellschaftliche Herausforderung für den Arbeitsmarkt der Zukunft” (Conplore Magazine)
[9] Vgl. Wolfgang Schiele / Sascha Rauschenberger (2015): “Joint Future Work und der Spezialisten Exodus in den Ruhestand” (Conplore Magazine)
[10] Vgl.: John Naisbitt: Megatrends: Ten New Directions Transforming Our Lives
[11] Vgl. Rauschenberger, Sascha (2014): “Future Work: die Arbeitswelt der Zukunft und die Hürde Gesundheitsvorsorge” (Conplore Magazine)
[12] Vgl. Rauschenberger, Sascha (2014): “Future Work und Work Life Cycle: Der Zusammenhang von Arbeit und Altersvorsorge unter der Lupe” (Conplore Magazine)
[13] Zitat aus einem bekannten Film mit Arnold S. …