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Joint Future Work und steigende Personalkosten durch Wohnungsmangel

Joint Future Work[1] und steigende Personalkosten durch Wohnungsmangel

Deutschland wächst – zumindest in den Ballungsräumen. Köln wird beispielsweise in den nächsten 15 Jahren um 20% wachsen. Das sind bis zu 300.000 neue Einwohner. Diese Prognose wurde vor der Massenzuwanderung aufgestellt. 2015 kamen 1.2 Millionen neue Menschen ins Land. Familiennach- und -zusammenführung ist geplant. Und auch 2016 werden weitere Flüchtlinge erwartet…
Es stellt sich die Frage, wo die alle hinsollen. Allein 2015 kamen Flüchtlinge ins Land, die eine Großstadt wie Köln komplett bevölkern können. Wo soll die neu entstehen? Wo soll in diesem Maßstab angebaut werden? Schaffen wir das? Und wer bezahlt das alles?

Die Antwort ist einfach: WIR! – Bürger und Wirtschaft…
Und da beginnt der Kostenfaktor zu greifen.

Schon in den letzten Jahren war klar ersichtlich, dass Städte wie Köln, Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt, Berlin und München schneller wachsen als andere Städte. Das sind auch die Städte, wo der Immobilienmarkt so boomt, dass er de facto kaum noch Immobilien anbieten kann. Und wenn zu immer höheren Preisen. Es herrschte Ende 2014 schon in Köln und Düsseldorf ein Mangel an mehreren tausend Wohneinheiten – pro Jahr! Und das, ohne dass es gezielte Bestrebungen politischer Art gab Abhilfe zu schaffen. Für den sozialen Wohnungsbau gab es kein Geld und daher gab es für Mieten und Immobilienpreise nur eine Richtung: steil nach oben!

Hört sich soweit wirtschaftlich gut an, doch muss das auch finanziert werden können. Und da bricht die schöne Theorie ein. Banken beklagen schon seit langem, dass diese (Immobilien-)Preise nicht mehr mit den Kreditrahmen von Normalverdienern bedient werden können. Und was sagt uns das zu dem Thema Mieten? Die werden über kurz oder lang für eben diese Normalverdiener auch nicht mehr zu finanzieren sein, zumindest nicht in Lagen, die den Begriff Ghetto eben nicht verdienen.

Was hat das mit Personalkosten zu tun?

Antwort: Warum soll denn eine Fachkraft, ein Talent, eine Ressource unbedingt bei Ihnen anfangen wollen, wenn er es sich aussuchen kann? Warum für 3000 Euro Brutto(!) mehr im Jahr 2400 Euro mehr Miete zahlen als anderswo und noch täglich drei Stunden pendeln?
Wenn er jetzt bei Ihnen anzufangen gedenkt, was wird er wohl verlangen, damit er überhaupt kommt?

Was nützt einem Unternehmen die schönste Corporate Identity, gelebt und durch die Mitarbeiter auch getragen, das tollste Employer Branding und das beste Recruiting, wenn die Mitarbeiter in der Umgebung des Unternehmens nicht mehr leben können? Leben können i.e.S. von es sich dort leisten können zu leben?

Und das betrifft nicht nur neue Mitarbeiter. Es betrifft auch die aktuelle Work Force. Und es sind nicht nur die Preise für Mieten, die die zukünftige Fluktuation in die Höhe treiben werden, es sind dann auch die Rahmenumstände, die zunehmend das Wohnungsdefizit verschärfen werden. Die Lebensqualität in Ballungsräumen ohne massive Wohnungsneubauten wird sinken. Und das schon in sehr kurzer Zeit.

Momentan erfolgt der Flüchtlingsstrom hauptsächlich in die Regionen, die schon sehr viele Migranten haben. Langfristig, nach Anerkennung als Asylant oder Flüchtling, werden diese Menschen die Nähe ihresgleichen suchen. Das ist verständlich. Menschen, die alles verloren haben werden bemüht sein, so viel wie möglich von dem zu retten/bewahren, was ihnen einmal wichtig war. Das macht jeder so. Es ist ein sozialpsychologischer Effekt. Allein schon aus Sprachgründen getrieben. Nur wird sie das eben nicht in die ländlichen Räume von Sachsen treiben, sondern eher in diese Ballungszentren, wo eben schon Gemeinden verschiedenster Nationen bestehen. Und in diesen Räumen werden sie so den ohnehin knappen (oder schlicht nicht existenten) Wohnraum weiter reduzieren und den Mietspiegel in die Höhe treiben. Ghettobildung ist dann ein Begriff, der es aus der politischen Nichtexistenz ins Sprachbewusstsein auch der “bestmeinendsten” Zensur schaffen wird.

Als Beispiel: In Berlin denken Beamte wirklich darüber nach 10.000 Flüchtlinge in 22. Hotels zu 50 Euro pro Tag und Person unterzubringen. Soviel sprichwörtliche Dämlichkeit ist nicht angeboren, sondern hat einen Grund: akute Platznot!

Wenn wir jetzt also diese Flut von zu integrierenden Neubürgern betrachten, wird sich das Straßenbild ändern müssen. Zumal nicht alle integriert werden können und daher dauerhaft einen Bodensatz in der Gesellschaft bilden. Allein schon aus Gründen mangelnder Bildung, Analphabetentum und/oder schlicht dem reinen Desinteresse sich integrieren lassen zu wollen. Viele dieser Menschen werden sich auch illegal hier aufhalten und ihren Lebensunterhalt dann anders bestreiten.[2]

Abb.: Absicherungsmaßnahmen: Das Bild stammt aus einem Problembezirk hier in Köln (Finkenberg). Diese Ladenzeile ist nicht umsonst so “nett, liebevoll und anziehend” gestaltet worden.

Doch das wird mit Sicherheit ein Punkt werden, den Mitarbeiter und Bewerber auch sehen werden. Spätestens bei ihrer Recherche im Internet zum Thema Wohnraum, dessen Preise, die Umgebung und die Schul- und Kindergartenmöglichkeiten. Sowie auch andere Dinge, die dann wohl aus lokalen Polizeiberichten ersichtlich sein werden, die online zugänglich sind.

Ältere Mitarbeiter, die auf die Rente zugehen, werden sich fragen, ob sie sich die Wohnung im Alter noch leisten können – oder noch wollen. Ggf. sich rechtzeitig beruflich so umorientieren, dass sie freiwillig und rechtzeitig Gegenden aufsuchen, wo sie wirtschaftlich leben können oder ein soziales Umfeld vorfinden, dass ihnen sicherer erscheint.

Der bröckelnde soziale Frieden und die damit wegbrechende Sicherheit ist ein Wirtschaftsfaktor geworden! [3]

Viele werden in ländliche Randlagen zu den Ballungszentren ziehen, wo Mieten noch erschwinglich sein werden. Das erhöht die täglichen Pendelzeiten, fördert Stress, verursacht nebenbei höhere Mobilitätskosten, und – und das wird gern vergessen – erhöht im Alter die Erkrankungsanfälligkeit. Nicht nur durch den zusätzlichen Stress, der kommt erschwerend hinzu, sondern allein schon durch die Arbeit, die natürlich mit steigendem Lebensalter und unseren arbeitstypischen Prozessen, nicht abnehmen wird.[4]

Der Krankenstand wird steigen!

Und um den zu begegnen, bedarf es prophylaktischer Maßnahmen, die auch wieder Geld kosten. Das Geld der Unternehmen…

Damit bekommen Themen wie Employer Branding und Recruiting plötzlich Elemente, die durch Unternehmen selbst kaum noch beeinflussbar sind. Natürlich gibt es (sogar lukrative) Möglichkeiten gegenzusteuern, wenn wir bekannte unternehmerische Denkschemata verlassen. Wie hat Krupp und Thyssen anno 1860 das Problem der fehlenden Wohnungen für ihre wachsenden Betriebe gelöst? Wie dann die Ruhrkohle AG oder die Bundesbahn den Wohnraummangel nach dem Krieg entschärft? Durch Werkswohnungen! Eben die, die in den letzten 20 Jahren gerne als nicht zum Kerngeschäft gehörend verkauft worden sind… Es wären auch Einstiege in Wohnungsbaugenossenschaften möglich. Für kleinere Unternehmen, um anteiligen firmeneigenen Wohnraum zu schaffen. Über Langzeitmodelle könnte dieser Wohnraum auch als Alterswohnsitz zur Verfügung gestellt werden, als Mehrwert für langjährige Unternehmenszugehörigkeit beispielsweise.

Und wenn wir uns die steigenden Immobilienpreise ansehen, dann lohnt sich das auch kaufmännisch: als Mitarbeitergewinnungs- und -bindungsmethode, die sich selbst finanziert!

Alleine den Kommunen die selbstregulierende und steuernde Aufgabe der notwendigen Stadtentwicklung zu überlassen ist ein Denkansatz, der sich überholt hat. Momentan denkt der Bund über Fördermittel im Sozialen Wohnungsbau in Höhe von 1,3 Milliarden Euro nach, was dem Finanzminister allerdings als zu hoch erscheint. Hier auf die 90 Milliarden an Griechenland zu verweisen soll nur aufzeigen, welches Geistes Kind unsere politische Führung ist und was von ihr als Lösung, abseits einer sonstigen “Willkommenskultur” wirtschaftlich und ordnungspolitisch noch zu erwarten ist.

Auch dürften die Planungszeiträume kommunaler Infrastrukturpolitik und -entwicklung mit momentan bis zu 20 Jahren kaum situationsgerecht sein. Die Angst vor der Schaffung neuer sozialer Brennpunkte wie Köln-Chorweiler, München-Neuperlach oder Hamburg-Billstedt, lässt sie lieber gar nichts tun und weiter Neubaugebiete für Eigenheime schaffen, die quantitätsmäßig kaum zielführend sein können. Was gebraucht wird, sind vielstöckige Mietwohnhäuser mit Wohnungsflächen von 30 bis 60m², die billig im Unterhalt und schnell zu errichten sind. Und das in großem Maßstab.

Dass dazu auch die nötige Infrastruktur gehört ist klar. Unklar ist diese Finanzierung durch kommunale Mittel, da unsere Großstädte, bis auf Düsseldorf, pleite sind und schon seit Jahren das Tafelsilber verkaufen. So gehört den meisten Großstädten noch nicht einmal mehr die eigene Kanalisation. Diese wurde an US-Investmentfirmen verkauft und zurückgeleast.

In diesem Sinne wären neben Werkskindergärten auch unternehmenseigene (Grund-)Schulen, z.B. in Kooperation mit anderen Unternehmen und als Privatschule staatlich bezuschusst, denkbar. Eigene Kinder nicht in Schulen gehen zu lassen, die Deutsch als erste nicht unterrichtete Fremdsprache haben, ist ein Anspruch, der bald im Hinterkopf eines jeden Kandidaten stecken wird. Berlin-Neukölln hat sich rumgesprochen…

Und auch das wird, neben dem Wohnungsmangel in der Fläche, weiter verschärfend den Personalmarkt belasten: die Kapitulation der öffentlichen (Stadt)Planung auf allen Ebenen.

Die Forderungen der Wirtschaft an die Kommune der Zukunft sind bekannt.[5] Und wie diese Kommune zukunftsorientiert arbeiten sollte auch.[6] Beide Annahmen basieren natürlich auf etwas, was wir bisher immer vorausgesetzt haben aber so nicht mehr zutrifft: ein sicheres gesellschaftliches wie auch wirtschaftliches Umfeld mit geringer krimineller Energie. Das ist eine Annahme, die sich gerade anders entwickelt. Langfristig auch nicht absehbar ist wie genau, da nicht klar ist, welche beruflichen und sozialen Perspektiven hier Menschen haben, die so gut wie nichts mitbringen, das unsere Wirtschaft braucht, um die Digitalisierung im globalen Wettbewerb stemmen zu können.

 

Fazit:

Klar ist, dass der Mangel an bezahlbaren Wohnraum schon in Kürze zu Kostensteigerungen führen wird. Diese Kostensteigerungen werden über Lohnforderungen weitergereicht werden.

Beim Recruiting müssen Personaler in Zukunft berücksichtigen, dass ihr Standort ggf. nicht zur Spitzengruppe gehört. Im Gegenteil: das eigene Bestreben gute Leute zu bekommen konterkariert. Und das ggf. in allen relevanten Bereichen des Wohnumfeldes. Der Mangel an für Kandidaten bezahlbaren ortsnahen Wohnraum wird in Zukunft ein wesentlicher Showstopper sein. Auch bei mittleren und höheren Einkommen.

Das Employer Branding hängt in Zukunft an der Entwicklung der urbanen und sozialen Rahmenumstände. Eine Belegschaft, die andere Möglichkeiten offeriert bekommt und in einem Umfeld lebt, das nicht altersgerecht sein kann (oder wird), wird Alternativen wahrnehmen. Hierbei kann eine gute zeitgerechte und gelebte Corporate Identity Hemmnisse aufbauen und Mitarbeiter halten, doch ist diese mitunter wesentlich kostenintensiver als bisher gedacht. Und die Methoden diese Berufs- und Arbeitsalternativen anzubieten verändern sich gerade rasant.[7]

Die unternehmenseigenen Möglichkeiten der Belegschaft Wohnraum zur Verfügung zu stellen, erfordert ein wirtschaftliches Umdenken, das abseits des Mainstreams steht, und den Gesellschaftern/Investoren gegenüber erklärungsbedürftig ist; sich aber schon mittelfristig mehrfach rechnet.

Das Bestreben älterer Arbeitnehmer ein bezahlbares Umfeld für den Alterssitz rechtzeitig zu verwirklichen, auch unter der Maßgabe immer länger arbeiten zu müssen, ist ein zusätzliches Bindungsrisiko und wirkt in Zukunft fluktuationssteigernd. Täglicher Pendelstress wird im Alter zusätzliche gesundheitliche Risiken verursachen, die momentan noch nicht einmal wissenschaftlich im Fokus stehen; ergo auch nicht kalkulierbar sind. Dennoch ist nicht anzunehmen, dass über Sechzigjährige gesünder sind als Vierzig- oder Zwanzigjährige.[8]

Das sich gerade dramatisch verändernde Wohnumfeld in Ballungsräumen, eine Veränderung, die noch lange nicht abgeschlossen ist, wird Einfluss auf die Work Force nehmen. Die Belegschaften haben noch nicht erfasst, dass sich gerade etwas gravierend zu ihren Ungunsten verändert.
Und das als zusätzlicher Faktor zum demographischen Wandel und der Digitalisierung an sich, der schon jetzt Ängste ausgelöst hat.

Dem zu begegnen erfordert eine neue Sichtweise des Problems Wohnraumkapazitäten in Unternehmensnähe und deren “soziale Qualität” an sich.

Der Mangel an bezahlbaren Wohnraum wird vor allem Branchen betreffen, deren Belegschaften nicht zu den Spitzenverdienern gehören und schnell auch die erreichen, die bisher gut verdient haben. Besonders wenn der Umstand mitbedacht wird, dass auf uns alle steigende Kosten zukommen werden. Vor allem im Gesundheitswesen durch die Arbeit im Alter und auch durch die Kostenübernahme der Mehraufwände für Migranten, die vom Bund nach 15 Monaten Kostenübernahme auf die Gemeinschaft abgewälzt werden. Die ersten Krankenkassen haben dafür gerade ihre Beiträge um bis zu 0,6% angehoben…

Das ist nur ein Aspekt, der klarmacht, dass steigende Wohnungsnot letztlich querschnittlich, zyklisch und in Abhängigkeit mit weiteren zusätzlichen Faktoren auf die Unternehmen kostenmäßig zurückfallen wird. Zur Personalgewinnung und -bindung werden Unternehmen wohl in Zukunft “kommunale Aufgaben” (egal in welchem Maßstab) für ihre Belegschaften mitübernehmen müssen. Diese werden ursächlich den Personalkosten zugeschlagen werden müssen. Ergo…

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Quellen:

[1] Vgl.: Future Business Consulting: Definition Joint Future Work (2014)
[2] Vgl.: Sascha Rauschenberger: E-Paper: Joint Future Work und Fehlermöglichkeiten in der Digitalisierung: Teil 2: Migranten und Qualifikation, Conplore Magazine (2016)
[3] Vgl.: Sascha Rauschenberger: Joint Future Work und Fehlermöglichkeiten in der Digitalisierung – Teil 3: Die Kosten der Sicherheit, Conplore Magazine (2016)
[4] Vgl.: Sascha Rauschenberger: Future Work und Mobilität im demografischen Wandel: Mögliche Standortnachteile für die Wirtschaft, Conplore Magazine (2015)
[5] Vgl.: Sascha Rauschenberger: Die Stadtverwaltung 4.0 – Teil 2: Forderungen der Wirtschaft in Zeiten des demographischen Wandels und der Digitalisierung, Conplore Magazine (2015)
[6] Vgl.: Sascha Rauschenberger: Die Stadtverwaltung 4.0 – Teil 1: Konsequente Serviceorientierung für Bürger und Wirtschaft im demographischen Wandel durch Digitalisierung, Conplore Magazine (2015)
[7] Vgl.: Sascha Rauschenberger: Future Workforce Attack: Teamhunting, active Sourcing passiver Talente und andere Recruitingstrategien als Risikofaktor für das HRM, Future Business Consulting (2014)
[8] Vgl.: Sascha Rauschenberger: Future Work: die Arbeitswelt der Zukunft und die Hürde Gesundheitsvorsorge, Conplore Magazine (2014)

Buchcover - Future Work und Megatrends - von Sascha Rauschenberger

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